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Die Nachsicht im Abgabenrecht

Von Erich Wolf

Wirtschaft

Neue Verordnung schafft Klarheit. | Anspruch auf | Nachlass der Steuer. | Wien. Viele Unternehmer haben hohe Steuerrückstände. Was tun, wenn die Steuerlast nicht mehr zu überblicken ist? Man stellt einen Antrag auf Nachsicht! Ende 2005 ist vom Bundesminister für Finanzen eine Verordnung herausgegeben worden, welche die "Unbilligkeit" der Abgabeneinhebung als Voraussetzung für eine Nachsicht konkretisiert.


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Jeder Steuerpflichtige kann in einem ersten Schritt ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen stellen, wenn ihm eine fristgerechte Einzahlung nicht möglich erscheint. Er hat einen Rechtsanspruch auf eine positive Bewilligung, da die Finanzbehörde im pflichtgemäßen Ermessen einem solchen Antrag stattgeben muss, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Nach dem Gesetzestext kann die Behörde stattgeben, wenn die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für die Steuerschuldner mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Es wird daher empfohlen, den Antrag auf Zahlungsaufschub mit guten Argumenten zu versehen, zum Beispiel, dass die sofortige Bezahlung nur mittels Verkauf von (benötigten) Vermögensgegenständen möglich wäre.

Wenn eine Zahlungserleichterung nicht mehr gewährt wird, weil auch in Zukunft eine Bezahlung des immer höher werdenden Steuerrückstandes nicht mehr möglich erscheint, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, einen Antrag auf Nachsicht zu stellen. Bei einer positiven Stattgabe ist der Steuerrückstand endgültig erloschen. Der Fiskus verzichtet auf die Steuereinhebung, wenn diese nach der Lage des individuellen Falles "unbillig" wäre.

Fiskus prüft Billigkeit

Die Einhebung von Abgaben ist unbillig, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz des Abgabenschuldners gefährdet oder durch die Steuerzahlung beeinträchtigt wird. Auch die Gefährdung der Existenz von unterhaltsberechtigten Angehörigen berechtigt zur Nachsicht. In der Praxis wird von den Finanzbehörden vor allem dann eine Unbilligkeit angenommen, wenn andere Gläubiger (eine Bank oder ein Lieferant) ebenfalls einen Schulderlass gewähren, und der Schulderlass durch den Fiskus zur tatsächlichen Sanierung des Steuerpflichtigen beiträgt. Eine persönliche Unbilligkeit liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) insbesondere dann vor, wenn die Zahlung der Steuer die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten (Verkauf der Familienwohnung) verbunden ist. Die Pfändung der Mindestpension wird vom VwGH genauso als unbillig erachtet.

Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei einer außergewöhnlich hohen Belastungswirkung vor, etwa durch eine internationale Doppelbesteuerung. Die Steuerbelastung muss nach dem Wortlaut des VwGH jedenfalls atypisch hoch und ungewöhnlich sein. In Nachsichtsfällen ist jedenfalls das bisherige steuerehrliche Verhalten und Bemühen des Antragstellers besonders zu berücksichtigen.

In der Praxis ist es darüber hinaus hilfreich, seine persönliche Situation im Lichte der Steuerschulden sachlich und detailliert im Schreiben an die Finanzbehörde darzulegen.

Die Kreativität des Antragstellers ist durchaus gefragt, und die oft sehr menschlichen Organe der Finanzbehörden entscheiden nach den bisherigen Erfahrungen der Praxis zwar nicht schnell, aber in einigen Fällen dann doch unbürokratisch zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Bei aller Kreativität müssen die Angaben des Antragstellers der Wahrheit entsprechen, weil in der Bundesabgabenordnung (BAO) die Wahrheitspflicht gilt, und bei Zuwiderhandeln ein Straftatbestand erfüllt wird.

Schriftlicher Antrag

Zum Ablauf: Der Steuerpflichtige oder sein Steuerberater stellt einen schriftlichen Antrag auf Nachsicht im Sinne des § 236 BAO, und ersucht eventuell mit gleichem Schreiben um einen Besprechungstermin beim Finanzamt. Ansuchen um Nachsicht werden nämlich in aller Regel nur vom Finanzvorstand bewilligt oder abgelehnt.

Erich Wolf ist Wirtschaftsprüfer in Wien.