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Auch nach 70 Jahren sind die Freiheitlichen ein Fremdkörper der Zweiten Republik. ÖVP und SPÖ haben diese begründet und getragen, Grüne und Neos sind wie selbstverständlich dazugestoßen. Nur die Freiheitlichen sind noch immer keine normale Partei.
Was vom Dritten Lager nach 1945 übrig blieb, war moralisch wie politisch durch die NS-Diktatur delegitimiert, ihm wurde für die ersten freien Wahlen nicht einmal eine Partei zugestanden. Rassenwahn und Nationalsozialismus hatten dessen politisches Kapital verbrannt. Erst mit der Gründung des VdU 1949 und dessen 1956 erfolgter Wandlung zur FPÖ begann der lange Marsch der Freiheitlichen zurück in die Republik.
Auch ÖVP und SPÖ haben um Jahrzehnte zu lange benötigt, um sich den dunklen Flecken ihrer Geschichte zu stellen; dass die FPÖ allerdings erst jetzt überhaupt dazu ansetzt, liegt in ihrer besonderen Natur. Österreich, der Staat wie die Republik, war im Gegensatz zu Schwarz und Rot nie der Bezugspunkt für die blaue politische Identität. Stattdessen beruft man sich hier auf die Ideen der Revolution von 1848.
Doch so einfach lässt sich die Geschichte der Verbindung zwischen dem Nationalsozialismus und dem Dritten Lager nicht beiseiteschieben, zumal die Partei seitdem unzählige Gelegenheiten verstreichen hat lassen, zu dieser Geschichte und ihren Folgen für die Gegenwart einen klaren Bruch nicht nur in Worten, sondern auch in Taten herbeizuführen. Die Zahl der einschlägigen Einzelfälle reißt bis heute nicht ab.
Deshalb reicht es auch nicht, dass die Parteiführung sich distanziert und Grenzenverletzer aus der Partei wirft. Die FPÖ bedarf – wie jede Institution mit Wurzeln in dunkler Geschichte – eines Prozesses der kritischen Selbstbefragung. Mit einem Schlussstrich lässt sich das nicht erledigen, weil dabei das Wichtigste untergeht: das Signal an die eigene wie allgemeine Öffentlichkeit, dass man es ernst meint mit der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und Gegenwart.
Ob die FPÖ dazu willens und in der Lage ist, wird sich erst weisen. Mit der Verfassung und Präsentation eines Historikerberichts ist es nicht getan, es kommt auf den Geist an, den dieser atmet. Wenn er nur als lästige Übung verstanden wird, vom Gegner und einer kritischen Öffentlichkeit aufgezwungen, wird sich nichts ändern. Die Vergangenheit ist sowieso vorbei, aber Sympathisanten mit extremistischen Ansichten könnten weiter das Gefühl haben, auf Verständnis, wenigstens Duldung zu stoßen.
Doch genau mit dieser Ambivalenz zu brechen und diesen Kreisen unmissverständlich die Tür zu weisen, das ist der Zweck einer Historikerkommission. Die Beweislast liegt bei der FPÖ.