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Die nächste große Bedrohung

Von David Ignatius

Gastkommentare
Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Der Weltraum ist ein Schlachtfeld voller versteckter Angriffe.


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Der Weltraum ist heute eine latente Kampfzone, sagte US-Air-Force-Generalstabschef David Goldfein in einem Interview. Für "Überlegenheit im Weltall" will die Air Force sorgen, so Goldfein. Das bedeutet: Nicht angegriffen zu werden, aber selbst frei manövrieren zu können. Nicht nur der Cyberkrieg wirft heikle Fragen auf - der Krieg im Weltraum ist die nächste große Bedrohung, die das Pentagon beunruhigt.

Die Probleme sind ähnlich: Kommerzielle und militärische Interessen sind verflochten und das gegenseitige Misstrauen ist groß. Technologien ufern aus und werden von feindlich gesinnten Staaten als Waffen missbraucht, Angriffe auf Satelliten können etwa unsichtbar erfolgen und sind schwer nachzuweisen.

Die heutige digitale Welt hängt von Satellitennetzwerken ab, die unseren Planeten unsichtbar umkreisen - und äußerst verwundbar sind: Russland hat den GPS-Empfang in der Ukraine gestört, und China hat US-Wettersatelliten gehackt.

Die Wolke über uns wird dichter. Mitte 2016 zählte die Union of Concerned Scientists 1419 Satelliten, die uns umkreisen. 576 davon gehören den USA, 181 gehören China und 140 Russland. Rund 350 Satelliten davon, 25 Prozent, dienen militärischen Zwecken. Mindestens zwölf Staaten mischen mittlerweile im Weltraum mit.

Nach Ende des Kalten Kriegs ließ die Furcht nach, dass es im Weltraum zu Auseinandersetzungen kommen könnte. Chinas Test einer Anti-Satelliten-Rakete 2007, der mehr als 3000 gefährliche Bruchstücke hinterließ, war ein Weckruf. Mittlerweile haben die Chinesen acht Tests mit Satellitenkillerraketen durchgeführt, sagt Brian Weeden von der Secure World Foundation, einer der führendenden Experten auf dem Gebiet. Auch Russland hat ähnliche Tests wieder aufgenommen.

Aber Raketenangriffe auf Satelliten beunruhigen das Pentagon im Moment weniger als elektronische Angriffe. Satelliten können mit Störsendern andere Satelliten sabotieren. Elektronische Blasen können GPS-Signale blockieren. Die Russen haben sich laut OSZE 2014 dieser Technologie bedient, um eine ukrainische Drohne außer Gefecht zu setzen.

Weltraumsysteme zu sichern, ist für unseren Planeten von größter Bedeutung. Die zuständigen Behörden überschneiden sich aber und stehen einander entgegen. Militärische und geheimdienstliche Abteilungen haben sich über diese Themen seit Jahrzehnten kaum mehr ausgetauscht. Im Vorjahr hat die Air Force das "Joint Interagency Combined Space Operations Center" aufgebaut, das bald rund 200 Mitarbeiter zur Koordination der einzelnen Stellen umfassen wird.

Auf der Erde besteht die versteckte Gefahr in Hackerangriffen, von Staaten oder anderen Akteuren. Umlaufbahnen können abgeändert, Sensoren getäuscht, Daten verfälscht werden.

Die Verantwortlichen müssen lernen, miteinander zu reden. Wenn der Weltraum ein Schlachtfeld ist, ist eine solche Zusammenarbeit allerdings schwierig.

Wie Goldfein kürzlich in einer Rede sagte: "So etwas wie einen Weltraumkrieg gibt es nicht. Das ist ganz einfach Krieg".

Übersetzung: Hilde Weiss