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Die nächste Klausur

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Christoph Leitl und Erich Foglar nahmen an der Regierungsklausur am Freitag teil, es ging um Wachstum und Beschäftigung. Recht viel deutlicher kann das Wiedererstarken der Sozialpartner nicht symbolisiert werden. Von den getroffenen Vereinbarungen tragen die meisten die Handschrift der Sozialpartner. Dass sich die SPÖ das ÖGB-Papier zur Steuerreform zu eigen macht, passt da recht gut dazu.

Für dieses Mal mag das auch gereicht haben, zur nächsten Klausur sollte die Regierung allerdings die Landeshauptleute einladen. Denn Österreich hat - wie andere Staaten auch - ein Defizit beim "potenziellen Wachstum". Die Republik kann ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen, weil verbriefte Rechte der Bundesländer einen effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel verhindert.

Dass die Regierung so kurz nach der Umbildung dermaßen ans Eingemachte geht, war nicht zu erwarten. Aber sowohl Kanzler als auch Vizekanzler haben klargemacht, dass es um Jobs geht. Die Industrie stärker als in den vergangenen Jahren zu unterstützen, ist gut. Doch dies bedeutet auch, föderale Unsinnigkeiten zu beseitigen. Ein Beispiel: Die Schwedenbomben übersiedeln von Wien ein paar Kilometer südlich nach Niederösterreich - nahe der Autobahn und den Verteilzentren von großen Handelsketten. Niederösterreich feiert die Übersiedlung als großen Erfolg, obwohl es volkswirtschaftlich ein Nullsummenspiel ist.

Wenn die Koalitionsregierung also wirklich Erfolg haben will, muss sie den Landesregierungen und Landtagen klarmachen, dass auch sie Bestandteil der Republik Österreich sind. Das jüngste Hickhack um die Unterbringung von Flüchtlingen zeigt diese Notwendigkeit. Der Bund erinnerte die Landesregierungen an ihre verbindlichen Zusagen, Quartiere bereitzustellen. Die Landesregierungen schoben den Schwarzen Peter postwendend an die Gemeinden weiter, die Bürgermeister seien schwierig. Ein erbärmliches Spiel auf dem Rücken hilfsbedürftiger Menschen, das nur von Reinhold Mitterlehner und Michael Häupl durchbrochen wurde.

Da es aber wirtschafts- und sozialpolitisch längst nicht mehr um eine Staatsmeisterschaft geht, sondern um eine Weltmeisterschaft, ist es unumgänglich, dass sich die Landeshauptleute als Teil eines gemeinsamen größeren Ganzen sehen. Das wäre wirklich ein umfangreiches Wachstumsprogramm.