ESM und Fiskalpakt: Die europäische Krise ist hausgemacht - Lösungen sind nicht in Sicht.
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Die Anhörungen zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und zum EU-Fiskalpakt im Parlament am 28. Juni (von ORF III übertragen), mit Experten aus Österreich und Deutschland, brachten unterschiedliche, aber in sich schlüssige Positionen. Nicht ausgeräumt wurden Bedenken betreffend der Folgen beider EU-Budgetinstrumente. Dazu kommen die mangelnde Verfassungskonformität und der von den meisten Experten beklagte zunehmende Brüsseler Zentralismus. Man kritisierte die neuen an Brüssel abgegebenen Vollmachten samt fehlender politischer Legitimation dieser neuen EU-Organe.
Erstaunlich die leeren Bänke im Parlament; die Abgeordneter waren mit dem Thema überfordert. Herausragend hingegen das Detailwissen der geladenen Experten, wie auch einiger unserer Parlamentarier, vor allem Josef Bucher (BZÖ), Alexander Van der Bellen (Grüne), Werner Kogler (Grüne), Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Günter Stummvoll (ÖVP). Als Universitätslehrer für Makroökonomie muss ich ihnen Anerkennung zollen. Bedenklich, dass einige österreichische Professoren eine Teilnahme verweigerten, um nicht "berufliche Schwierigkeiten" zu bekommen.
Die Warnungen, dass Rettungsschirm, ESM und Fiskalpakt zu mehr Schulden, unbeschränkten Zahlungsverpflichtungen der (noch) wohlhabenden EU-/Euro-Staaten, Wohlstandsverlusten und weiterer Arbeitslosigkeit führen könnten, ohne Einspruchsrecht der Bürger, während den bankrotten Staaten damit real nicht geholfen wird, beherrschten die Debatte.
Berechtigte Kritik betraf die Tatsache, dass diese Vorhaben dem EU-Vertrag von 2007 in vielen Punkten widersprechen und von den österreichischen Regierungsparteien plus Grünen binnen weniger Tage beschlossen wurden. Bedenken gab es wegen der grenzenlosen EU-Hörigkeit von SPÖ und ÖVP, ohne die Bürger über die Tragweite der beschlossenen Vorhaben zu informieren.
Der deutsche Steuerzahler etwa wird nicht auf ewig die Schulden anderer bezahlen, das allein birgt politischen Sprengstoff in sich. Auffallend die dürftige Wortmeldung von Finanzminister Maria Fekter, die keine der an sie gestellten Fragen beantwortete. Und: Keine EU-Instanz oder Regelung wird Europa vor der nächsten Wirtschaftskrise bewahren; dagegen gibt es kein Rezept.
Die europäische Krise hat ihre Wurzeln in den 1980er Jahren, als man gegen jede Vernunft die Sozialleistungen erhöhte, obwohl Ökonomen wie Erich Streissler warnend auf die kommenden Folgen verwiesen. Die Alterspyramide, steigende Staatsschulden (in Österreich bereits mehr als 90 Prozent des BIP), hohe Privatschulden, riskante Kreditgeschäfte in Osteuropa, geschönte Statistiken und die Blindheit der Politiker, die nur Wahltermine im Auge hatten, waren Ursachen der europäischen Krise. Völlig abwegig daher der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, der kürzlich die selbstverschuldete europäische Krise den USA in die Schuhe schieben wollte. Nun bedroht die Krise Frankreich, aber Deutschland wird Frankreichs Schulden sicher nicht finanzieren.