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Italien-Tochter war Desaster, auch Balkan-Banken vor Abwertung.
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Wien. Wer glaubte, dass bei der Hypo Alpe Adria nun die ärgsten Grauslichkeiten auf dem Tisch liegen, wird in Kürze eines Besseren belehrt. Finanzminister Michael Spindelegger war nach eigenen Angaben "erschüttert", als er mit den aktuellen Zahlen der Hypo Alpe Adria konfrontiert worden war. Was ihn so erschütterte, war eine neue Kapitallücke. Wie hoch wie ist, sagte er nicht. Derzeit schaut es so aus, dass die Kärntner Bank allein für die Bilanz 2013 eine weitere Milliarde Euro benötigen, wie die "Wiener Zeitung" aus Aufsichtskreisen erfuhr. Damit würde sich allein für das Jahr 2013 der Kapitalzuschuss auf 2,7 Milliarden Euro erhöhen.
Doppelt unangenehm, vor allem für die Steuerzahler: Diese Milliarde Euro fehlt danach der geplanten Abbaueinheit bei der Abwicklung der restlichen Geschäftsaktivitäten - Stichwort "Bad Bank".
Bilanzprüfer der Hypo geht auf Nummer sicher
Es würde auch bedeuten, dass die Bank einen Jahresverlust von mehr als 2,5 Milliarden Euro gemacht hat. Dass dieses Loch erst jetzt auftauchte, ist wohl Wasser auf die Mühlen der Opposition, die der Regierung bei der Hypo Untätigkeit vorwerfen (siehe auch Gastkommentar Werner Kogler von den Grünen auf Seite 10).
Die zusätzlichen Verluste sind schnell erklärt: Der Entschluss aus dem Vorjahr, die italienische Tochterbank nicht zu sanieren, sondern ebenfalls abzuwickeln, entpuppte sich als Grab. Ein hoher dreistelliger Millionenbetrag muss wertberichtigt werden, ist zu hören. Italien bringt einen weiteren vorstand der Hypo in Bedrängnis: Finanzvorstand Johannes Proksch ist nicht nur für die Bilanz der Bank zuständig, sondern war auch Verwaltungsratschef der Italien-Tochter (4,5 Milliarden Bilanzsumme). Und es stellte sich heraus, dass so manches in der dortigen Bilanz zwar wie Gold glänzte, aber bloß Blei war. Für Italien musste also deutlich mehr aufgewendet werden als geplant.
Das wiederum rief den Bilanzprüfer der Hypo auf den Plan. Er verlangt nun, auch aufgrund des gestiegenen Drucks der Aufsichtsbehörden, die Beteiligung der sechs Tochterbanken in den Ländern Ex-Jugoslawiens stark abzuwerten. Dies war bisher unterblieben.
Hypo-Fahrplan mit der EU gerät durcheinander
Alles zusammen erhöht den Jahresverlust der Hypo, sodass die gesamte - eigentlich für heuer - eingeplante Milliarde Euro aus dem Budget noch in die Verlustabdeckung für 2013 fließen muss.
Das wiederum wirbelt den Fahrplan von Spindelegger ordentlich durcheinander. Die von der Task Force um Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny vorgelegte "Abwicklung", sprich: langsame Liquidation der Hypo orientierte sich an der genehmigten Beihilfenhöhe der EU-Kommission. Dafür stehen nach derzeitigem Plan noch 3,6 Milliarden Euro zur Verfügung.
Mit den nun kommenden Zahlen reduziert sich das zur Verfügung stehende Kapital auf 2,6 Milliarden Euro. "Das wird nicht reichen", sagte ein in solchen Abwicklungsfragen versierter Banker zur "Wiener Zeitung".
Dem Vernehmen nach plant das Finanzministerium, den gesamten Betrag heuer ins Budget einzustellen. Es würde das Defizit um diesen Betrag erhöhen. Wegen der vorhandenen Budget-Reserven wäre es sich ausgegangen, beim Defizit knapp unter drei Prozent, der Maastricht-Grenze, zu bleiben. Da die EU-Kommission das noch offene Defizitverfahren beenden wird, wäre die Republik knapp aber doch an einem neuen Defizitverfahren der EU vorbeigeschrammt.
Wasser auf die Mühlen der Opposition
Ob Brüssel - angesichts der Hypo-Zahlen für 2013 - dem Budget-Fahrplan aus Österreich noch Glauben schenken wird, steht nun aber in den Sternen. Genau daran aber hängte Spindelegger seine politische Glaubwürdigkeit: Im Jahr 2016 (ohnehin ein Jahr später als von der EU gefordert) soll es ein "strukturelles Null-Defizit" im Budget geben. Wenn im heurigen Jahr reiner Tisch gemacht wird und der gesamte Hypo-Betrag verbucht wird, würde dies als Einmalausgabe gelten - und statistisch den Folgejahren nicht angerechnet.
Kritik am Finanzvorstand der Bank wächst
Nun aber fehlt die Milliarde Euro, und die große Frage lautet: Reichen für die "Abbaueinheit" die noch verbleibenden 2,6 Milliarden Euro? Möglicherweise bis Ende der Legislaturperiode, ist auch Bankenkreisen zu hören. Bis sämtliche "Vermögenswerte" der Hypo verkauft sind, dauert es aber bis mindestens 2025.
Abgesehen von der faktischen Belastung für die Steuerzahler, droht daher auch politisches Ungemach: Um für die Hypo die verbliebene Gesamtsumme heuer "auszuschütten", ist nach Ansicht von EU-Experten eine Zustimmung der Kommission notwendig. Wenn die Brüsseler Spezialisten zum Schluss kommen, die übrigen 2,6 Milliarden Euro decken die Begräbniskosten für die Hypo nicht, könnte es Probleme geben.
Denn die Einwendungen der Kommission wären Wasser auf die Mühlen der Oppositionsparteien und ein Mühlstein für die Regierungsparteien. Wiewohl die Kärntner Hypo ein klarer FPÖ-Skandal ist, weil die heutigen Verluste unter der Kärntner Landesregierung von Jörg Haider "erwirtschaftet" wurden, belastet die Hypo die Regierungsparteien SPÖ und vor allem ÖVP beim Wähler schwer.
Während also die Regierung verzweifelt den Ausweg aus der Hypo-Krise sucht, wird sie beim neuerlichen Desaster um die Bilanz 2013 wohl fündig werden. Das Vertrauen des Eigentümers, sprich: Finanzministeriums in Finanzvorstand Johannes Proksch sei schwer erschüttert, ist inoffiziell zu hören.
Müssen Balkan-Banken abgekauft werden?
Die Regierung steht zudem vor einem weiteren Problem: Für die geplante Bad Bank ist die Zustimmung der darin verbleibenden BayernLB notwendig. Die werden aber Herauslösung und Verkauf der Banken am Balkan nur zustimmen, wenn ein Gegenwert geschaffen wird. Es kann also sein, dass der Staat diese Banken der staatlichen Hypo abkaufen muss - und dafür neues Geld in die Hand zu nehmen hat . . .