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Die nächste Reform wird folgen

Von Brigitte Pechar

Politik

Die Pensionsreform war jetzt dringend notwendig. Eine Aufschiebung bis zu einer erwarteten Vollbeschäftigung ab dem Jahr 2010 hätte die jetzt unter 40-Jährigen noch stärker belastet, ist Sozialexperte Bernd Marin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überzeugt. Dennoch sieht er in der nun beschlossenen Reform mehrere Fallen. Eine generelle Deckelung der Pensionsverluste auf 10 Prozent und das auch noch für Beamte hält er zum Beispiel für "ausgesprochen ungerecht".


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Grundsätzlich positiv ist für den Sozialexperten, dass die Reform gestern beschlossen wurde. Das Argument der Opposition und mancher Wirtschaftsexperten, dass bis zum Jahr 2010, wenn die demographische Entwicklung es notwendig macht, zugewartet hätte werden können, greift für Marin nicht: "Darauf zu warten, bis das goldene Zeitalter der Vollbeschäftigung anbricht, wäre vor allem gegenüber den jetzt unter 40jährigen ungerecht."

Ausgemacht ist für ihn, dass die nächste Reform schon bald folgen muss. Denn laut Barcelona-Ziel der EU muss das Pensionsantrittsalter bis 2010 um fünf Jahre angehoben werden. Selbst dieses Ziel werde durch die jetzige Reform nur bis zu einem Drittel erreicht. Was fehlt sind: Harmonisierung, Pensionskonto, ausreichende Mindestpensionen, eigenständige Frauen- und Partnerpensionen.

Ein schwerer Fehler ist für Marin auch, dass die Regierung der Forderungen der Gewerkschaft öffentlicher Dienst nachgegeben und auch für Beamte eine Deckelung von 10 Prozent eingezogen hat. Damit würde die bereits bestehende Schieflage zwischen Beamten- und ASVG-Pensionisten weiter bestärkt. Das bewirkt, dass eine Textilarbeiterin zehn Prozent weniger Pension erhält, obwohl sie aufgrund ihrer Beiträge 20 Prozent mehr haben sollte, während der Maximalverlust der um 50 Prozent höheren Rendite der Beamtenpension ebenfalls gedeckelt wird. "Man hätte in diesem Punkt gut und gern auf die Stimme des GÖD-Chefs Fritz Neugebauer verzichten können", wirft Marin der ÖVP zu große Konzessionen an ihre Klientel vor. In diesem Punkt fühlt sich Marin in guter Gesllschaft von "Roten, Blauen, Grünen und dem Wirtschaftsbund".

Insgesamt kritisiert er, dass die Deckelung nicht zeitlich befristet ist und auch für die Harmonisierung und das Beitragskonto keine Fristen festgesetzt wurden. Ein Beitragskonto etwa ab dem Jahr 2025 müsste dann aber sozial austariert werden: Die Beiträge müssten um rund 50 Prozent Zusatzleistungen aus Bundesmitteln für Kindererziehung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Armut, Invalitität, Waisen, Militär- oder zivildienst aufgebessert werden.