Der britische Außenminister Hammond betonte bei seinem Wien-Besuch die Notwendigkeit von Reformen für eine wettbewerbsfähige und flexible EU und plädiert für gemeinsame Lösungen.
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Diese Woche war der britische Außenminister Philip Hammond in Wien zu Gast, um die britische Vision für ein zukunftsfähiges Europa mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz zu besprechen. Das Treffen zeigte: sobald man sich hinsetzt und die kommenden Herausforderungen der EU gemeinsam analysiert, gibt es viele Übereinstimmungen. Die Bürgerinnen und Bürger in Großbritannien und der ganzen EU wollen, dass sich die Union darauf konzentriert Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen aber auch darauf die Unterschiede zwischen den 28 Mitgliedsstaaten zu respektieren und daran zu arbeiten, dass die Union mehr demokratische Verantwortlichkeit aufweist. Um das sicherzustellen, wollen wir an Lösungen arbeiten von denen alle Mitgliedsstaaten profitieren, inner- und außerhalb der Eurozone.
Großbritannien hat einen ebenso pragmatischen wie verbindlichen Reformansatz. Premierminister Cameron hat eindeutig klargestellt, dass es im nationalen Interesse des Landes liegt, in eine flexible und offene Europäische Union eingebunden zu sein. Der Außenminister reist mit genau dieser Botschaft durch Europas Hauptstädte - Wien war dabei seine jüngste Station.
Wir sollten uns der wahren Herausforderungen der Zukunft bewusst sein. Die Zustimmungswerte zur EU sind nach wie vor schwach. Europa riskiert im globalen Wettbewerb zurückzufallen. Wir brauchen einen klaren Blick, um notwendige Reformmaßnahmen in die Wege zu leiten. Aus diesem Grund hat die britische Regierung das Balance of Competences Review gestartet - ein zweijähriges Projekt, das die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft auf Großbritannien in allen Details untersucht.
In dem Review wurden Stellungnahmen und Expertisen von Unternehmen, Think Tanks, Mitgliedsstaaten und anderen Institutionen quer durch die EU gesammelt - wir sind sehr dankbar auch Beiträge aus Österreich erhalten zu haben. Die Zusammenfassung zeigt sehr deutlich, welche Veränderungen wir brauchen. Ich möchte drei davon im Detail anführen.
Erstens müssen wir daran arbeiten, die EU wettbewerbsfähiger zu machen. Der Binnenmarkt ist eine der Erfolgsgeschichten der EU aber er muss an die Verhältnisse des 21. Jahrhunderts angepasst werden, mit stärkerem Fokus auf Dienstleistungen, Digitalen Diensten und Energie. Durch eine Reduktion verzichtbarer bürokratischer Hürden sollen Unternehmen mehr Spielraum haben, Wachstums- und Beschäftigungsimpulse zu leisten. Barclays, eine in vielen EU-Mitgliedsstaaten ansässige Bank, gab an, dass der europäische Rechtssetzungsprozess sicherstellen müsse, dass "ausreichend Zeit für Konsultationen und Revisionsprozesse sowie Folgenabschätzungen und Kostennutzenanalysen" besteht. Mehr Regulierung sollte nicht das Allheilmittel sein.
Wir sollten der europäischen Wirtschaft und den Konsumentinnen und Konsumenten auch neue Möglichkeiten im Ausland eröffnen. Der Abschluss der Handelsabkommen mit den USA, Japan und anderen würde einen Wachstumsschub von rund 2,2 Prozent (rund 275 Milliarden Euro) für die EU-Wirtschaft zu Folge haben.
Zweitens müssen wir die faire Behandlung von Drittmitgliedsstaaten sicherstellen, die zwar dem Binnenmarkt, nicht aber der Eurozone angehören. Großbritannien hat maßgebliches Interesse an einer erfolgreichen Eurozone und wir unterstützen Reformen in Struktur und Governance um Stabilität zu gewährleisten. Diese Reformen müssen aber im gesamten Binnenmarkt anwendbar sein, nicht nur innerhalb der Eurozone.
Drittens müssen wir das demokratische Fundament der EU verbessern. Die Wahlbeteiligung bei den letzten Europawahlen im Mai ist vielerorts - auch in Österreich - gesunken und hat in manchen Mitgliedsstaaten ein dramatisches Tief erreicht. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der EU Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass ihre Stimme nicht gehört wird. Wir müssen sicherstellen, dass Entscheidungen in der EU angemessen sind und so nahe wie möglich an die Betroffenen herangeführt werden. Das ist nicht nur eine Frage von nationaler Souveränität, es geht um den Kern dessen, was oder was nicht auf EU-Ebene entschieden werden soll. So stellen einige Beiträge des Balance of Competences Reviews zu Verkehr die Frage, warum regionaler Transitverkehr den spezifischen Auflagen transnationaler oder transkontinentaler Transportbestimmungen unterliegen sollte. Wir sollten dem holländischen Mantra "Europa wo notwendig, national wo möglich" folgen.
Nationale Parlamente haben dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Wir begrüßen, dass die neue EU-Kommission entschlossen ist, das Verhältnis zwischen der EU und nationalen Parlamenten neu zu definieren. Und es sollte Aufgabe des Rates bleiben, die strategische Ausrichtung der EU in wesentlichen Fragen vorzugeben - so wie dies vergangene Woche zu den 2030 Zielen in der Klima- und Energiepolitik geschehen ist.
Abschließend noch ein Punkt zum freien Personenverkehr. Dies ist ein elementares Prinzip der EU, aber es kann nicht ohne jede Einschränkung gelten - dies haben die Innenminister aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden auch in einem Brief gegenüber der Kommission festgehalten. Wie der Rat im Juni beschloss, müssen alle Mitgliedsstaaten die Möglichkeit haben, ihre Bürger, ihre öffentlichen Leistungen und ihre Sozialsysteme vor Missbrauch dieser Grundfreiheit zu schützen. Premierminister Cameron hat dazu eine Diskussion gestartet zu Abänderungen der derzeitigen Regeln für neue EU-Mitgliedsstaaten.
Es gibt viel zu tun und wir sollten jetzt handeln - es gibt keinen Grund, die Reformen, die Europa so dringend braucht noch länger aufzuschieben. Es geht um die die Stärkung nationaler Institutionen, den Abschluss von transnationalen Handelsabkommen und eine effizientere Bürokratie. Direkt im Herzen Europas spielt Österreich eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wir sind bereit, als Partner die nächsten Schritte zu gehen.