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Die Nacht des Bösen

Von Ina Weber

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Unterweger, Fritzl, ein russischer Serien-Mörder, Berger und noch ein paar Mörder - sie alle waren gestern Abend dank Puls4 in meinem Wohnzimmer. Nicht nur, dass die Geschichte jener Männer, die unzählige grausame Morde begingen, brav nacherzählt wurde, der zuständige Redakteur und sein Cutter griffen auch zu auffälligen Stilmitteln, um die Dramatik des Beitrags zu unterstreichen. So wurde die Augenpartie von Fritzl ausgeschnitten, alle paar Minuten fast schon suggestiv eingeblendet und im Stakkato zu einer dramatischen Hai-Musik vergrößert und verkleinert. Buchstaben purzelten nur so wild herum und wurden zu immer neuen Worten gereiht: Mensch, Unmensch, Männlich, alle Kombinationen liefen auf das Unfassbare hinaus. Sogar in den Buchstaben steckt schon das Böse drin, will uns der Redakteur anscheinend klarmachen. Es war von Kannibalismus die Rede. Weibliche Geschlechtsorgane schmeckten einem von ihnen besonders gut. Und dann war es auch schon zu spät. Beim Umschalten des Programmes waren sie schon im Kopf, alle Bilder, Blicke, die einem dank Quotenlüsternheit mancher Sender eingetrichtert werden, so schnell kann man gar nicht wegschalten. Beim Sender daneben, auf ATV, wurde der Sozialporno "Geschäft mit der Liebe" kurzum mit Geschichtsunterricht verknüpft. Einer der besoffenen ATV-Protagonisten auf der Suche nach Liebe stieß auf der ukrainischen Halbinsel Krim auf Überbleibseln aus dem Krieg. Das Unfassbare lauert einfach immer und auf fast jedem Sender.