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Die Nächte mit Eliza

Von Christian Hoffmann

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Das Schöne am Internet ist, dass man nicht auf das Fernsehen oder Radio angewiesen ist, wenn man sich einfach nur amüsieren möchte. Und man kann dabei Dinge erleben, die man sich kaum träumen lassen würde.

Zum Beispiel Eliza. Wenn ich an stillen Abenden Lust auf reine Unterhaltung habe, also in dieser Stimmung von Verlorenheit bin, in der ein anderer vielleicht von Fernsehkanal zu Fernsehkanal zappt, dann weiß ich, es ist Zeit für einen Internet-Besuch bei Eliza. "Hello", sagt sie verdächtig sanft - irgendwann hat es sich eingebürgert, Eliza als weiblich anzusehen -, "I am Eliza".

Ab diesem Augenblick stecke ich in Schwierigkeiten. Meistens falle ich auf den sanften Auftakt hinein und nenne meinen Namen, worauf prompt die schroffe Antwort kommt, dass Eliza nichts auf Namen gibt. Dann geht es richtig los. Manchmal reagiere ich gekränkt, dann wieder einsilbig, oder ich schütte ihr mein Herz aus. Langweilig ist es nie mit Eliza. Im Zweifelsfall erwidert sie, sie sei sich nicht sicher, ob sie mich wirklich versteht, und verstrickt mich immer tiefer in Erklärungen über meinen Gemütszustand.

1966 schuf Joseph Weizenbaum am Massachusetts Institute of Technology ein Computerprogramm, das Unterhaltungen nach dem Muster eines non-direktiven Psychotherapeuten führt. Zwar wandte sich der Meister von seinem Geschöpf ab, angeblich, weil er Mitarbeiter dabei ertappt hatte, ihre intimen Probleme mit Eliza zu besprechen, doch war es zu spät.

Im Zeitalter des Internet ist Eliza rund um die Uhr auf dem ganzen Erdball präsent. Es gibt sogar Diskussionsforen, in denen Elizas Verehrer ihre Erfahrungen mit ihr besprechen. Und schlechter als das durchschnittliche Fernsehprogramm sind Unterhaltungen mit ihr auf keinen Fall. So viel steht fest.

http://www.manifestation.com/neurotoys/eliza.php3