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Die nackte Angst im Straßenverkehr

Von Christina Böck

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Beunruhigende Nachrichten erreichen uns aus Caracas. "Pantomimen sollen für Ordnung auf Caracas’ Straßen sorgen", wurde nicht ganz unbefremdet gemeldet. Auf den Straßen der venezolanischen Hauptstadt herrscht demnach Anarchie. In Venezuela gibt es fast zehnmal so viele Verkehrstote im Jahr wie in Österreich - bei weniger zugelassenen Fahrzeugen. Verkehrsregeln sind - das wissen nicht nur Griechenland-Urlauber - für Südländer nun mal eher Empfehlungen und rote Ampeln Auslegungssache. Aber selbst auf Gehsteigen herrscht in Caracas das Recht des Stärkeren - das meistens dem Motorrad gehört. Seit Anfang Oktober sind nun also 120 Verkehrsregler im Clownskostüm im Einsatz.

Wer glaubt, dass es sich dabei um eine neckische Maßnahme handelt, ein putzig-pädagogisches Projekt, oder, wie es der Bürgermeister nennt: "künstlerische und friedfertige Mittel", der ist schön naiv. Denn das, womit die venezolanischen Behörden hier arbeiten, hat einen Namen. Und er lautet Coulrophobie. Er bezeichnet die weit verbreitete Angst vor Clowns. Nicht nur all jene, die Stephen Kings "Es" kennen, wissen mittlerweile: Der Clown ist das Böse. Ohne Diskussion. Von der Effektivität dieser heimtückischen Methode kann man sicher ausgehen: In Caracas werden die Gehsteig-Anarchisten bald aufgeben - aus nackter Angst! Coulrophobiker müssen aber hierzulande nicht gleich panisch werden. Selbst wenn die Idee Schule macht, muss man auf Wiens Straßen höchstens mit ein paar Hans-Moser- oder Otto-Schenk-Imitatoren rechnen. Da lässt sich weiter anarchisch sein.