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Viele EHEC-Patienten sprechen nicht auf die beiden derzeit eingesetzten Behandlungsmethoden an. | Kaum Erfahrung mit Antikörper-Therapie. | Hamburg/Berlin. Derzeit können die Ärzte oft nicht viel tun - vor allem dann nicht, wenn die EHEC-Infektion mit schweren Komplikationen (HUS) verläuft. Das Gift, das die an der Darmwand anhaftenden Keime abgeben, führt in diesem Fall zu einem buchstäblichen Zerplatzen der Blutzellen. Die Reststücke der Zellen verstopfen dann die Nieren und setzen sich auch in den dünnen Adern der Gehirnregion ab, was im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten führen kann.
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Um das zu verhindern, wird in der Regel eine Art Dialyse durchgeführt: Die mit Giftstoffen belasteten Blutbestandteile werden dabei ausgefiltert und durch Spenderplasma ersetzt.
Einziges Problem dabei: Die sogenannte Plasmapherese funktioniert bei weitem nicht bei allen. "Manche Patienten sprechen darauf an, manche Patienten sprechen verzögert darauf an und manche Patienten sprechen gar nicht darauf an", sagt Hermann Haller von der Medizinischen Hochschule in Hannover.
Bessert sich der Zustand des Patienten trotz der Plasmapherese nicht, greifen die Ärzte zu einer neuen und noch kaum etablierten Antikörper-Therapie. Denn das dafür verwendete Medikament mit dem Namen Eculizumab ist zwar schon seit 2007 auf dem Markt, zugelassen wurde es aber nicht für die Behandlung von EHEC-Komplikationen, sondern für die Therapie einer seltenen Blutkrankheit.
Doch auch hier sehen sich die Ärzte mit einem ähnlichen Problem konfrontiert wie bei der Plasmapherese. Ob die Anti-Körper-Therapie wirkt, ist ungewiss. "Wir haben bisher kein eindeutiges Bild", sagte der Nierenspezialist Reinhard Brunkhorst. "Weder zu positiven Effekten, noch zu Nebenwirkungen." Für seinen Kollegen Rolf Stahl vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ist die Behandlung mit Eculizumab daher vor allem ein Heilversuch. "Weil wir nicht zusehen können, dass die Patienten sterben, zentralnervöse Störungen haben - die eventuell bleibend sind - oder ihre Nierenfunktion verlieren."
Angesichts der Unsicherheit der beiden Behandlungsmethoden setzten die Mediziner nun umso größere Hoffnung auf die am Donnerstag gelungene Identifizierung des EHEC-Erbguts. Die Entzifferung der EHEC-DNA sei ein wichtiger Schritt für die Behandlung der Patienten, sagte der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel. Denn auf diese Weise könnten die krankmachenden Eigenschaften erkannt werden. "Und dann kann man daraufhin die Therapie ausrichten."
Bisher wurden etwa Antibiotika bei der Behandlung von EHEC-Patienten sehr zurückhaltend eingesetzt, weil man Angst hatte, dass der Keim bei seiner Abtötung noch große Menge an zusätzlichem Gift ausscheiden könnte. Dank der Erbgutidentifizierung lässt sich diese Frage nun wesentlich leichter klären.
Dag Harmsen vom Universitätsklinikum Münster sieht aber nicht nur neue Behandlungsansätze durch die Identifizierung des Erbguts: "Wir erhoffen uns im Laufe der nächsten Woche auch Hinweise zur Verhinderung weiterer Infektionen." Zunächst muss laut Harmesen aber noch genau geklärt werden, was den derzeit grassierende EHEC-Keim, der aus der Mutation zweier Bakterienstämme hervorgegangen ist, so aggressiv und leicht übertragbar macht.