Geplantes Forschungspaket ist ein Anfang, doch Unis und Nationalstiftung benötigen weitaus mehr, sagt RFT-Chef Hannes Androsch.
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"Wiener Zeitung": Zusätzliche 700 Millionen Euro sollen laut Minisiterratsbeschluss von 2018 bis 2021 in die Forschung fließen. Die im internationalen Vergleich unterdotierten Universitäten bekommen jedoch davon nichts. Dieser Schritt wird damit argumentiert, dass Uni-Budgets gesondert verhandelt werden und die Hochschulen am stärksten von dem 2018-21 um 281 Millionen Euro gesteigerten Budget des Wissenschaftsfonds FWF profitieren, der Forschungsmittel kompetitiv vergibt. Sehen Sie das auch so?Hannes Androsch: Dieses Argument reicht nicht, weil jeder Vergleich mit deutschen oder Schweizer Universitäten mehr als deutlich macht, in welcher katastrophalen Weise unsere Universitäten unterfinanziert sind. 80 Prozent der Grundlagenforschung findet an Universitäten statt - dennoch verlaufen die Staatseinnahmen, Steuerbelastungsquoten, Mehreinnahmen und die Ausgaben für universitäre Grundlagenforschung keineswegs parallel. Und was den FWF betrifft, so erfährt er jetzt ab 2018 eine gewisse Aufstockung. Er bleibt dennoch weit hinter dem Schweizer Nationalfonds, der derzeit das vierfache Jahresbudget hat. Das kann man nicht schönreden.
Um wie viel soll es mehr sein?
Die Universitäten sind um drei Milliarden Euro unterfinanziert. Das ist weniger als ein Drittel der genannten Mehreinnahmen. In einem ersten Schritt wäre aber schon viel getan, wenn die Hälfte zur Verfügung gestellt würde und dabei 1, 2 Milliarden Euro der Forschung zugerechnet würden.
Derzeit werden nur 44 Prozent der Uni-Budgets der Forschung zugerechnet - und jetzt kommt der Witz: Die Universitäten müssen Mieten für Gebäude dem Bund zurückzahlen und diese Mieten werden auch als Forschungsausgaben gerechnet. Außerdem geben wir jedes Jahr Milliarden zusätzlich für die Pensionen aus, weil wir eines der niedrigsten Pensionsantrittsalter haben, und wenden unnötig viel Geld für die Familienförderung auf ohne die Möglichkeit, es in die vorschulische Bildung zu stecken. Ich will das Forschungspaket nicht kleinreden, aber es reicht nicht, um die Ziele der Forschungsstrategie zu erreichen, 3,76 Prozent des BIP per 2020 für die Forschung auszugeben.
Derzeit liegen wir bei einer Forschungsquote von 3,07 Prozent.
Die Ursache sind neun verlorene Jahre - die Grundlagenforschung ist seit der Finanzkrise 2008 zurückgeblieben. Wir sind von unserem Ziel nicht nur weit entfernt, sondern sogar in der Mitte zurückgefallen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Strategie 2011 ein Forschungsfinanzierungsgesetz vorsieht. Das will das Finanzministerium zwar nicht, aber dann hätten es nicht zustimmen dürfen. Denn für die Forschung wäre längerfristige Planbarkeit wichtig, so wie sie das Institute für Science and Technology in Klosterneuburg richtigerweise bereits hat. Und was dort recht ist, müsste für alle anderen Bereiche auch billig sein, anstatt dass man wie bei der Nationalstiftung von der Hand in den Mund und von einem Jahr aufs andere lebt.
Die Nationalstiftung für Forschung wurde 2003 als Korrektiv zum Bundeshaushalt gegründet, doch die Erträge sind stark gesunken. Wie soll es weitergehen?
2004 und 2005 wurden von der Nationalstiftung je 130 Millionen Euro ausgeschüttet - und jetzt sind nur 18 Millionen drin. Somit könnte man sie eigentlich auflösen. Einige Jahre wurde die Lücke vom Finanzminister zum Teil ausgeglichen. Das ist heuer aber noch nicht gekommen und ist auch nicht für nächstes Jahr gesichert. Das heißt, in Wahrheit ist die Nationalstiftung mittellos.
Um mangelnde Erträge auszugleichen, wurde der Österreich-Fonds gegründet. Wie zielführend ist er?
Der Österreich-Fonds gleicht mit seinen 33 Millionen Euro die Lücke nicht aus. Nominell würde die Nationalstiftung 130 Millionen Euro brauchen, um auf ihr früheres Niveau zu kommen, und real müsste dieser Betrag um die Inflation ergänzt werden, um das Anfangsniveau zu erreichen. Ohne Geld keine Musik.
Es gibt auch keine Musik ohne Musiker. Wie können Uni-Strukturen dazu beitragen, dass die Grundlagenforschung besser aufgestellt ist?
Erstens brauchen wir ein anderes Zugangsmanagement durch eine kapazitätsorientierte Studienplatz- und damit Universitätsfinanzierung. Es kann nicht sein, dass wir mehr als doppelt so viele Studierende haben wie die Schweiz, aber nur ein Drittel prüfungsinaktiv ist: Student kommt von Studieren und das muss Gültigkeit haben. Denn es ist ein Privileg der höchstmöglichen Qualifizierung und damit auch eine Verpflichtung, keine Wärmestube. Nach zehn Jahren haben bei uns nur 44 Prozent einen Abschluss - das ist doch keine Output-Relation.
Zweitens muss die Universitätsautonomie ausgewertet werden. Allein die Ausgliederung der Medizinunis hat das Verwaltungspersonal um 600 Personen erhöht. Und wenn das Rektorat, das eine Leistungsvereinbarung mit dem Ministerium trifft, einen Bericht abgeben muss, ist das richtig. Aber dass auch noch der Universitätsrat einen Bericht abgibt, ist ein Unfug. Das verlangt nur Arbeit und verursacht Kosten, denn die Berichte landen im Papierkorb. Drittens gibt es das Problem einer Fehlkonstruktion des Mittelbaus: Er müsste leistungs- und ergebnisorientierter sein. Es kann nicht sein, dass Leute, die keinen wissenschaftlichen Aufstieg schaffen, lähmend auf den Unis liegen, während Post Docs keine Tenure-Track-Stellen für fünf bis sieben Jahre bekommen können.
Zur Person
Hannes Androsch
ist Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) und Aufsichtsratsvorsitzender der Salinen Austria und des Austrian Institute of Technology. Androsch war von von 1970 bis 1981 österreichischer Finanzminister.