"Dann kam der Punkt, an dem ich mich fragte: Was will ich eigentlich noch machen?" Die Geschäftsführerin der Naturschutzorganisation WWF klingt, als würde eine grauhaarige Frau auf ihr langes Leben zurückblicken. Tatsächlich ist Hildegard Aichberger 33 Jahre alt und hat noch viel vor: Sie will viele junge Leute für den WWF gewinnen, sich dafür einsetzen, dass Tieren der natürliche Lebensraum erhalten bleibt, möchte Flüssen ihren ursprünglichen Lauf zurückgeben, will vorleben, wie jeder Einzelne etwas für Umweltschutz tun kann.
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Der Großteil der Bewerber für die Stelle als Geschäftsleitung war männlich. Aichberger setzte sich durch und ist seit Anfang April dieses Jahres Geschäftsleiterin des WWF. Sie ist nicht die erste Frau in dieser Position - aber die jüngste. Auch ihr Team ist jung und jung soll auch die neue Zielgruppe des WWF sein: Der Focus liegt auf den 20 bis 35-Jährigen. Diese sollen "nicht unbedingt auf der Mariahilfer Straße" angeworben werden, sagt Aichberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
"Konkretes hab ich noch nicht im Kopf", meint sie, die dem - wie es negative Stimmen nennen - Spendenkeilen skeptisch gegenüber steht. "Der WWF ist eine sanfte Organisation", begründet die Absolventin der Uni für Bodenkultur (Boku) ihre Vorbehalte.
Ein Großteil des Geldes von den "vielen, kleinen" privaten Spendern ist allerdings "das Brot, das wir brauchen", räumt Aichberger ein. Dadurch würde Freiheit und Unabhängigkeit gewahrt. Das heißt nicht, dass der WWF Kooperationen mit der Wirtschaft ablehnt - im Gegenteil. Dass keine Berührungsängste existieren, erklärt sich auch aus Aichbergers Biographie. Die gebürtige Oberösterreicherin arbeitete an der Boku und in der Privatwirtschaft, unter anderem bei Mc Donalds.
Dennoch will sie vieles in der Wirtschaftswelt nicht einfach hinnehmen: Ein Apfel aus Chile etwa ist ihrer Ansicht nach nicht notwendig. "Ich verstehe nicht, weshalb man so etwas in Österreich verkaufen oder kaufen muss." Es sei aber eine "Gratwanderung", Unternehmen zu kritisieren. "Wir glauben, je kritischer jemand zu beurteilen ist, desto mehr müssen wir uns darum kümmern, dass er etwas ändert."
Ein Beispiel könnte das Unternehmen Lafarge sein. Der WWF International arbeitet mit dem Baustoffhersteller zusammen. "Lafarge hat sich verpflichtet, seinen Kohlendioxid-Anteil massiv zu reduzieren", freut sich Aichberger. Der Anteil entspreche der gesamten Kohlendioxid-Menge der Schweiz. Die Kooperation wirkt sich auch auf nationaler Ebene aus: Der WWF berät das Unternehmen bei der Steinbruchrekultivierung. "Wenn ein Steinbruch ausgedient hat, kann man entweder ein Loch hinterlassen oder sich darum kümmern, dass die Artenvielfalt zurückkehrt", erklärt die WWF-Geschäftsführerin.
Substral bietet seit einiger Zeit torffreie Erde an. Auf deren Packungen findet sich das WWF-Logo. Durch den Abbau von jährlich Millionen Kubikmeter Torf werden nämlich laut WWF unberührte Moorlandschaften gefährdet.
Der WWF könne "wirklich etwas bewegen, auch auf wissenschaftlicher Basis", zeigt sich Aichberger von ihrer neuen Tätigkeit begeistert. "Die Arbeit hier ist zu 100% das, was ich machen will."