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Die "natürlichste" Form der künstlichen Befruchtung

Von Eva Stanzl

Wissen
Durchmesser von 20 Cent: Kapsel im Körper. Foto: Kemeter

Wiener IVF-Pioniere imitieren Natur noch besser. | Wien. Kann die künstliche Befruchtung natürlich sein? Kaum, könnte man meinen, denn sie wird mit medizinischer Hochtechnologie herbeigeführt, anstatt im Körper spontan zu passieren.


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Wiener Mediziner praktizieren nun eine Methode, die so nahe an die Natur heranreiche wie möglich. Dabei reife die befruchtete Eizelle im Körper und nicht im Brutkasten, erklären die Gynäkologen Peter Kemeter und Wilfried Feichtinger.

Bei der sogenannten Intravaginalen Cultur (IVC) oder In-Vivo-Befruchtung wird die Eizelle der Frau - wie bei der herkömmlichen In Vitro-Fertilisation (IVF) - vom Eierstock abgesaugt und mit den Spermien des Mannes im Reagenzglas befruchtet. Die befruchtete Eizelle wird dann zusammen mit einer Nährlösung in eine etwa Daumen-große Kapsel gegeben. Diese Kapsel wird in die Scheide eingeführt.

Die befruchtete Eizelle ist in diesem Stadium rund 0,3 Millimeter groß. In der Kapsel bleibt sie für zwei bis drei Tage zur Reifung, während die Zellteilung beginnt. Im Stadium des Vier- bis Achtzellers wird die Kapsel wieder entnommen, geöffnet und der Prä-Embryo in die Gebärmutter eingesetzt.

Feichtinger beschreibt den Vorteil so: "Die Kapsel besteht aus einem Spezialkunststoff, der die Gase des Körpers auf Spermien und Eizellen überträgt. Die Reifung findet somit im Originalmilieu statt, anstatt dass wir, wie im Brutschrank, künstliche Gase zufügen und den Prozess elektronisch steuern."

Die Methode werde häufig mit einer sanften Stimulation der Eierstöcke oder auch im Normalzyklus ohne Zugabe künstlicher Hormone angewandt. Die Erfolgsquote liegt nach bisherigen Erfahrungen gleich hoch wie bei der herkömmlichen IVF (rund 30 Prozent), ob sie erhöht werden kann, wird derzeit in einer Studie erhoben.

Peter Kemeter, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik, betont jedoch: "Höhere Erfolgsraten sind hier weniger wichtig als der psychologische Effekt. Die Frauen sind niemals von ihren Eizellen, beziehungsweise dem Prä-Embryo, getrennt, was dem Bedürfnis nach größtmöglicher Nähe zum entstehenden Baby nachkommt."

Die beiden Gynäkologen haben 1982 mit dem ersten IVF-Baby in Österreich Furore gemacht und betreiben in Wien private IVF-Einrichtungen. Bei medizinischen Indikationen bieten sie den neuen Service bei Krankenkassenbeteiligung ohne Zusatzkosten an.