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Kampusch-Verschwörungstheorie für Pelinka und Hofer "absurd".
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Wien. Die Mauer ist de facto undurchlässig. Seit die Staatsanwaltschaft Wien vergangene Woche die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität von Werner Amon beantragt hat, stellt sich ein ÖVP-Politiker nach dem anderen hinter den Fraktionsführer im Korruptionsuntersuchungsausschuss. So hat auch Justizministerin Beatrix Karl zuletzt "Verständnis für Werner Amons Situation" geäußert.
Zur Erinnerung: Nachdem im U-Ausschuss bekannt geworden war, dass die Justiz wegen einer 10.000-Euro-Rechnung aus dem Jahr 2007 an Peter Hocheggers Valora gegen den damaligen ÖAAB-Generalsekretär ermitteln will, trat sofort Klubchef Karlheinz Kopf auf den Plan. Er wie auch Amon sprachen von "Politjustiz": Gegen Amon werde nur deshalb ermittelt, weil er die Einzeltätertheorie im Fall Kampusch in Zweifel gezogen hat. Amons Anwälte haben mittlerweile bei der Generalprokuratur beantragt, dass der Staatsanwaltschaft Wien der Fall entzogen wird -man habe "erhebliche Zweifel an der Unbefangenheit" der Behörde.
Zweifel, wenn auch anderer Art, hat auch Anton Pelinka. Der Politologe bezweifelt nämlich, dass die Volkspartei selbst an die allerorten als "Verschwörungstheorie" bezeichnete Kampusch-These glaubt. Vielmehr handle es sich dabei um "spontane Solidarität jenseits aller sachlichen Argumente". Und: "Ich glaube nicht, dass die ÖVP ihre Position lange durchhalten kann", sagt Pelinka zur "Wiener Zeitung". Vielmehr werde die Volkspartei "schrittweise nachgeben müssen". So würden die schwarzen Mandatare im Immunitätsausschuss wohl oder übel der Auslieferung Amons zustimmen müssen - denn "in solchen Fällen wurde immer die Immunität aufgehoben". Zudem werde der politische Druck auf Amon weiter steigen - so lange, bis er den Fraktionsvorsitz im U-Ausschuss oder gar sein Nationalratsmandat zurücklegen müsse.
Ganz so dramatisch schätzt Politikexperte Thomas Hofer Amons Lage nicht ein. Denn derzeit habe die Volkspartei niemanden, der an seiner statt als "Prellbock" im U-Ausschuss fungieren könne. "Wie es die ÖVP auch anlegt, ist es falsch: Wenn sie Amon abzieht, ist es ein Schuldeingeständnis, wenn sie ihn belässt, ist er die Zielscheibe", sagt Hofer. Auch er hält die Kampusch-Theorie für "sehr skurril" und vom Stil her eher zur FPÖ passend. Damit vergraule die ÖVP Teile ihrer potenziellen Wählerschaft, sagt Hofer, der die Schwarzen seit der Causa Strasser vor einem Jahr in einer "absoluten Negativspirale" sieht.
"Vertrauen in die Politik ist in einer tiefen Krise"
Hofer sieht zudem das demokratiepolitische Vertrauen in einer "tiefen Krise". Dass das bisherige Parteiensystem angesichts der Korruptionsskandale in sich zusammenbrechen könnte, glaubt er nicht - allerdings nur deshalb, weil es bisher keine Alternative gibt. Die eine oder andere Parteineugründung vor der nächsten Wahl sei nicht auszuschließen. Dies könnte vor allem der in den Umfragen auf Platz eins drängenden FPÖ ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen.
Dass bei der nächsten Nationalratswahl "die Scharlatane Hochkonjunktur haben" könnten, befürchtet auch Pelinka. Er rät den Parteien daher dringend dazu, endlich die Parteienfinanzierung auf neue Füße zu stellen.