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Die Neos und ihr ungläubiger Mühlstein

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Für viele Schwarze wären die Neos eine Alternative, wenn Niko Alm nicht wäre.


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Wien. Vielen urbanen Schwarzen ist die ÖVP zu verzopft, zu bäuerlich, zu konservativ. Da böte sich mit den Neos eigentlich eine wählbare bürgerliche Alternative an - wenn da nicht ein Mann wäre, der die Partei für viele unwählbar macht: Niko Alm.

Dieser erlangte als kirchenkritischer Aktivist einige Bekanntheit, etwa als er 2009 in Wien auf Bussen "Es gibt keinen Gott" affichieren lassen wollte. Seither ist er für viele Katholiken ein rotes Tuch. "Wäre der Alm nicht, würde ich die Neos wählen", ist ein Satz, den man in bürgerlichen Kreisen daher immer öfter zu hören bekommt. Bei den Neos kandidiert Alm im Bund auf Platz 15 und - viel wichtiger - in Wien auf Platz zwei.

Einer, der den Neos wegen Alm seine Stimme nicht geben wird, ist Clemens Schuster, österreichischer Marketing-Unternehmer in Zürich und laut eigenem Bekunden ein Neos-Unterstützer der ersten Stunde. Er zeigt sich "irritiert, dass eine sich liberal nennende Partei einen solchen Radikalen aufstellt". Schuster sieht sich selbst als Schwarzer, der "mit Bauern, Beamten und Bünden nichts am Hut" hat, "da wären die Neos eigentlich eine echte Alternative zur ÖVP gewesen". Alms kirchenkritischer Aktionismus greife viele aber in ihrem Innersten, ihren religiösen Gefühlen an, "so jemanden will ich nicht demokratisch legitimieren".

Ähnlich äußerst sich ein Wiener Unternehmer, der lieber anonym bleiben will, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": Die Redlichkeit von Parteichef Matthias Strolz hätte ihn eigentlich überzeugt, sagt er. Der Christlichsoziale ("aber kein ÖVPler") will aber niemanden wählen, der "billige Hetze gegen die Kirche" betreibt. Alms Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien sei "voll mit Halbwahrheiten" gewesen.

"Eine Ausrede, um die Neos nicht wählen zu müssen"

Für Alm ist das "alles nichts Neues, das höre ich seit Monaten". Seit er sich engagiere, werde er mit "diffusen Vorwürfen" konfrontiert. "Ich bin nicht gegen die Kirche, sondern gegen das Demokratiedefizit." Aber es habe keinen Sinn darüber zu diskutieren, denn "überzeugen werde ich diese Personen ohnehin nicht".

Alm hält das Alm-Argument für eine "Ausrede, die Neos nicht wählen zu müssen, sondern weiterhin die ÖVP". Das glaubt auch Angelika Mlinar, Nummer zwei bei den Neos. Wer so über Alm rede, kenne ihn gar nicht, sagt sie: "Niko Alm ist ein scheuer, lustiger junger Mann."

Für Spitzenkandidat Strolz war es jedenfalls "kein Fehler", Alm aufzustellen, "auch wenn er polarisiert". Wer eine Partei wolle, bei der inhaltlich und personell alles zu 100 Prozent stimme, müsse sich selbst wählen, so Strolz. Er betont aber, dass Alms kirchenpolitisches Engagement nichts mit den Neos zu tun hat und nicht Teil des Programms sei. Die Neos hätten eine "hohe Wertschätzung für die Arbeit der Kirche". Sie seien aber "eine liberale, weltoffene Partei", daher werde man Alm auch nicht ausschließen, "wir sind ja nicht bei den Taliban".

Aus Sicht des Politikexperten Peter Hajek lässt es sich übrigens nicht seriös einschätzen, ob Alm eine Auswirkung auf die Chancen der Neos hat. Aber er habe das Alm-Argument selbst "schon zweimal gehört", so Hajek.

Alm hin oder her, in der ÖVP steigt die Nervosität bezüglich der Neos, die in manchen Umfragen an der Vier-Prozent-Marke kratzen. Dem Vernehmen nach werden eifrig Pläne gegen die pinke Konkurrenz geschmiedet. Hauptangriffspunkt soll aber nicht Alm sein, sondern Neos-Mäzen Hans Peter Haselsteiner. Mit ihm würden die Neos zur "zweiten Milliardärspartei" neben Stronach.