Mit dem Wirtschaftswachstum klettert auch der Kurs des Euro. Investmentbanker Wilhelm Hemetsberger erklärt, warum.
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Alpbach. Wilhelm Hemetsberger ist Eigentümer und Vorsitzender der Wertpapierfirma Ithuba. Davor war Hemetsberger unter anderem im Vorstand der Bank Austria für Kapitalmärkte tätig. Der Investmentbanker wurde zuletzt bekannt, weil er die ÖBB und das Land Salzburg beriet, glimpflich aus Spekulationsgeschäften auszusteigen. In Salzburg drehte er ein Risiko von mehr als 300 Millionen Euro noch in einen Überschuss von 96 Millionen Euro. Bei der Hypo Alpe Adria (jetzt Heta) half Hemetsberger bei der Einigung mit den Anleihegläubigern der Bank. Er trat in Alpbach bei den Finanzmarktgesprächen auf, mit der "Wiener Zeitung" sprach er - unter anderem - über die komplexe Welt des Devisenhandels.
"Wiener Zeitung":Die Zinsen im Dollar steigen, im Euro nicht. Trotzdem steigt der Wechselkurs des Euro auf 1,20. Warum? Das ist doch eigentlich unlogisch, der Dollar ist nach wie vor die unbestrittene Leitwährung.Wilhelm Hemetsberger: Der Dollar ist nicht mehr der Dollar seit Donald Trump. Die USA sind weniger berechenbar geworden. Trump bringt vieles nicht durch, etwa die Steuerreform. Und seine Partei, die Republikaner, verabschiedet sich von ihm. Das macht Angst, den Aufschwung zu gefährden. Gleichzeitig gibt es eine große wirtschaftliche Dynamik in Europa.
Die Nationalbank rechnet nun in Österreich mit 2,75 Prozent Wachstum, auch Deutschland boomt. Aber es gibt ja noch Probleme in großen Ländern wie Italien und den Brexit. Das spielt alles keine Rolle?
Die Investitionen in der Realwirtschaft steigen überall. In den zehn Jahren seit Beginn der Finanzkrise sind die Überkapazitäten abgebaut worden. Das schafft Vertrauen in die Eurozone. Und Österreich ist wirtschaftlich gesprochen ein "Deutschland mit Hebel". Wenn es runtergeht, geht es in Österreich stärker runter, beim Aufschwung wächst Österreich stärker. Das ist jetzt der Fall. Und die deutsche Exportindustrie hat starke Fertigprodukte, die nicht so wechselkurssensibel sind.
Aber der Hüter des Dollars ist die US-Notenbank Fed. Dort ist nach wie vor Janet Yellen Chefin, und bei Zinsänderungen ist die Fed unabhängig von der Administration. Das spielt keine Rolle?
Die Europäische Zentralbank interveniert nicht am Devisenmarkt. EZB-Chef Mario Draghi hat bei einem Kurs von 1,40 verbal interveniert, das genügte. Der Euro-Dollar-Markt ist in Händen der Profitmaximierer. Und der Euro gilt wegen des Aufschwunges derzeit als sicherer Hafen. Und man muss eines feststellen: Der Euro pendelte jetzt länger zwischen 1,05 und 1,10 zum Dollar. Aber ein Kurs um 1,20 entspricht wohl mehr einem langfristigen Durchschnitt.
Der Brexit wird aber nicht nur die Europäische Union verkleinern, sondern auch den Binnenmarkt, wie es ausschaut. Das beeinträchtigt den Euro nicht?
Der Brexit hat die EU stabilisiert, weil sich klar zeigte, dass ein Austritt aus der EU keine Alternative ist. Außerdem fiel mit dem Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich die Angst weg, rechtspopulistische Parteien könnten die EU zerstören. Ich glaube, dass es am Ende eine vernünftige Mitte geben wird. In den kommenden Monaten kann sich noch viel ändern.
Italien hat aber die Krise nach wie vor nicht richtig überwunden.
Das ist richtig, wird aber derzeit gelassener gesehen. Italien hatte eine lange Rezession, auch in Norditalien wird viel investiert. Und der Süden des Landes war eigentlich immer schwach, das ist nichts Neues.
Ein anders Thema, weil das in Alpbach besprochen wurde: Die sogenannten Fintechs - Unternehmen, die Finanzdienstleistungen ausschließlich digital anbieten - knabbern am Geschäftsmodell der Banken. Kann das zu einer neuen Bankenkrise führen?
Nein, das glaube ich nicht. Es wird eher so sein, dass die Banken diese Fintechs kaufen und integrieren. Wir reden hier etwa von lernenden Maschinen, die Kreditvergaben durchführen. Das wird den Personalstand in den Banken sinken lassen, keine Frage. Aber auf der anderen Seite bedeutet das auch eine erhebliche Kostensenkung. Die Banken dürften am Ende dadurch sogar mehr verdienen als heute. Und das wird auch die Aktienkurse beeinflussen.
Bankenkrisen sind also damit Geschichte?
So kann man das nicht sagen. Ich bin der Meinung, dass die Banken auch jetzt noch über zu wenig Kapital verfügen. Außerdem ist es dringend notwendig, Banken und Staaten zu entflechten. Es muss allen klar werden, dass der Staat nicht mehr als Sicherheitsnetz für Banken fungiert, die in Schieflage geraten.
Je eher das vollständig umgesetzt wird, desto besser. Die jüngsten Entscheidungen in Italien (dort sprang der Staat mit fünf Milliarden Euro ein, um private Bankengläubiger vor Verlusten zu bewahren, Anmerkung der Redaktion) waren da nicht hilfreich.