Selten genug: Die Opposition macht es vor, die Regierung springt auf. Geht doch, warum nicht öfters?
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Die Bundespräsidentenwahl im kommenden Jahr ist zwar für die Volkspartei ein einziges großes Rätsel: Weder weiß die ÖVP, ob sie überhaupt einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken soll, noch, falls ja, wen. Eine mögliche Unterstützung einer überparteilichen Kandidatur von Bundespräsident Heinz Fischer wird es aber mit Sicherheit nicht geben. Das machte am Donnerstag ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger deutlich.
Mit ihrer eigenen Entscheidung will sich die Partei bis nach dem 26. Oktober Zeit lassen - in seiner Rede zum Nationalfeiertag wird wohl Heinz Fischer seine Entscheidung über eine Wiederkandidatur bekannt geben.
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Jahrzehntelang gehörte es zum Standardrepertoire schwarzer Polit-Rhetorik, die Roten als Steuererhöhungspartei zu brandmarken. Dabei belegen sogar ÖVP-Umfragen, bei denen die Befragten den Parteien verschiedene Kernkompetenzen zuordnen, dass die SPÖ von den Bürgern als Steuersenkungspartei gesehen wird. Und das schon seit einigen Jahren.
Für Meinungsforscher Peter Ulram ereignete sich der Bruch im Image der ÖVP während der Regierungszeit von Schwarz-Blau. Seit damals positioniert sich die ÖVP als Hüter stabiler Finanzen und steht auf der Bremse, wann immer eine Vorziehung einer Steuersenkung gefordert wird. Erst die jüngste Sehnsucht mancher SPÖ-Politiker nach Wiedereinführung von Erbschafts- und Schenkungssteuer ließ das hehre Bild der Sozialdemokraten als Steuersenkungspartei wieder etwas erblassen.
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Politiker zum Angreifen sind ein schöner Trend, der sich offensichtlich nicht nur in Wahlkampfzeiten immer größerer Beliebtheit erfreut. Mittlerweile gehört es fast schon zum guten Ton unserer Polit-Prominenz, sich vor Beginn einer Pressekonferenz durch die Stuhlreihen der Journalisten zu kämpfen, um diese höchstselbst per Handschlag zu begrüßen. In früheren Zeiten übernahmen diese Aufgabe die jeweiligen Pressesprecher, heute ist der Handschlag zur Chefsache erkoren worden.
Ausgegangen ist dieser Trend nach dem subjektiven Gefühl des Autors von Grünen und Freiheitlichen, die als quasi pragmatisierte Oppositionsparteien seit jeher ein erhöhtes Nähebedürfnis zu den Medienvertretern in sich spüren. SPÖ und ÖVP verweigerten sich lange diesem Trend, ziehen nun jedoch nach.
Bleibt nur noch die leidige Fragen der Etikette: Wie begrüßt man einen Minister, Kanzler gar, korrekt? Für Scherzbolde empfiehlt sich "Grüß Sie" für ÖVP-Politiker und ein herzhaftes "Grüß Gott" im Angesicht von SPÖ-Prominenz.
Die Sehnsucht nach Körperkontakt hat aber auch ihre Schattenseiten: Gerade eben hat eine schwedische Schule ihren Lehrern den Handschlag mit den Schülern verboten. Der weiteren Ausbreitung der Neuen Grippe soll so Einhalt geboten werden.
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