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Die neue Hoffnung: der Quereinsteiger

Von Isolde Charim

Gastkommentare
Isolde Charim ist Philosophin und Publizistin und arbeitet als wissenschaftliche Kuratorin am Kreisky Forum in Wien. Foto: Daniel Novotny

Politiker, schafft euch nicht selbst ab!


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"Politiker, die von den politischen Institutionen genug haben" - so brachte Reinhard Göweil die erstaunlichen jüngsten Entwicklungen im Politikbetrieb auf den Punkt. Mittlerweile muss man hinzufügen: Politiker haben offensichtlich auch von Politikern genug. Sie wollen nicht nur Politik ohne die Institutionen machen. Sie wollen diese Politik auch ohne Politiker machen. Wie man an der neuen Lichtgestalt ersehen kann - dem Quereinsteiger. Noch besser ist nur - die Quereinsteigerin. Sie sollen helfen, alte Apparate in kesse Bewegungen zu versetzen.

Am buntesten treiben es diesbezüglich die Türkisen. Auf deren Bundesliste sollen - noch besser, noch puristischer - nur parteifreie Quereinsteiger stehen. So hat Sebastian Kurz dieser Tage die Opernball-
Organisatorin Maria Großbauer als Neuzugang präsentiert. Mit den Worten: "Wir haben mit ihr eine Person gewonnen, die wie keine andere für den Kunst- und Kulturbereich steht." Was befähigt Maria Großbauer, für den Kunst- und Kulturbereich zu stehen? Nicht irgendwie, sondern wie keine andere? Ihre Expertise wird folgendermaßen belegt: Sie war Tochter (eines Philharmonikers), ist Mutter und hat nebenbei (neben ihrem Beruf als Unternehmerin) Saxofon studiert. Sie hat diese ihre Prädestination für die Politik noch eindrücklich mit den Worten unterstrichen: "Ich habe einige Ideen" - zum Beispiel, dass die Kulturnation Österreich auch in Zukunft eine solche bleiben soll. Das entspricht genau dem Mehrwert, den Quereinsteiger, laut Kurz, bieten sollen: Personen, die in ihrem Bereich Expertise haben und die etwas verändern wollen - etwa die Bedrohung der Kulturnation abwenden.

Ganz allgemein aber ist der Quereinsteiger die neue Hoffnung - verkörpert er doch die Ideologie der politikfreien Politik. Der Quereinsteiger verspricht all das, was Politiker offenbar nicht haben.

Er hat keine Erfahrung in politischen Funktionen. Er hat keine Ochsentour hinter sich. Er kommt nicht aus dem politischen Paralleluniversum. Stattdessen aber ist er authentisch. Und überzeugter - als ob politische Gesinnung keine Überzeugung wäre. Der Quereinsteiger verkörpert aber eine politikfreie Überzeugung, eine, die aus der fachlichen Expertise resultiert. Und ist er noch prominent, dann speist er noch diesen Mehrwert in die Politik ein. Mit all diesen Vorzügen solle er das ramponierte Vertrauen in die Politik wieder stärken.

Tatsächlich ist der Quereinsteiger - nicht die Person, sondern der Typus - eine Mogelpackung. Politik soll durch Politikferne wieder befestigt werden? Das einzige Vertrauen, das selbst der beste Quereinsteiger erwecken kann, ist jenes in die Abwesenheit von Politik. Denn diese verkörpert er mit Sachwissen. Tatsächlich ist der Quereinsteiger die Inszenierung der reinen Sachkenntnis als politische Ressource. Es ist die Instrumentalisierung unpolitischer Qualifikationen als neue, politikfreie Politik.

Und da muss man den Politikern entgegenhalten: Es gibt keine Schule für Politiker, aber wenn es eine gäbe, dann würde man dort lernen: Politiker, schafft euch nicht selber ab! Nicht einmal als reine Inszenierung.