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Die neue Karriere des Aprilscherzes

Von Christina Böck

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Es ist ja nicht so, dass das Internet nicht ohnehin ein Minenfeld wäre. Ein täglicher Kampf um die Glaubwürdigkeit ist das. Vor allem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Jeden Tag taucht dort mindestens einmal ein Foto auf, das so tut, als wäre es jetzt gerade gemacht worden. Wurde es aber vor einigen Jahren. Oder es ist sowieso gefälscht. In dieser Zwischenwelt der Halbwahrheiten lebt man also heutzutage. Und hat es sich ganz gut eingerichtet.

Aber jedes Jahr gibt es diesen einen Tag. Diesen Tag, an dem es keine Halbwahrheiten gibt. Dieser eine Tag, an dem man ganz entspannt über die Fußangeln des "Vielleicht ja doch" schreitet. Dieser Tag, an dem endlich wirklich alles gar nicht stimmt, das ist der 1. April.

Eine Tradition, die in der analogen Welt ein bisschen an Verve verloren hatte, hat ihre wahre Bestimmung in der digitalen Informationsdschungelwüste gefunden. Und so sprossen auch in diesem Jahr am 1. April die komplett erfundenen Meldungen. Eine der charmantesten war eine, die ein bisschen Nerd-Vorwissen beansprucht. Das Kernforschungszentrum Cern, also das "Kernforschungszentrum Cern" verlautbarte, dass es ab sofort seinen ganzen Schriftverkehr mit der Schriftart Comic Sans erledigen werde. Das war eine Reaktion darauf, dass im Netz viel Hohn artikuliert wurde, als im Vorjahr das Higgs-Boson, eine der spektakulärsten Physik-Entdeckungen der jüngeren Zeit, ausgerechnet in einer Schrift präsentiert wurde, die sonst Sprechblasen füllt. Natürlich dreist erfunden. Aber die besten Aprilscherze sind die, die einen Reiz hätten, wenn sie wenigstens halbwahr wären.