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Die neue syrische Opposition: Vereint unter der Scharia?

Von WZ-Korrespondentin Birgit Svensson

Politik

Die syrische Opposition ist weiter in ideologische Grabenkämpfe verstrickt.


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Kairo/Damaskus. Noch nie war sich die syrische Opposition einig. Schon seit den ersten Demonstrationen in Dera’a Ende März 2011 gab es Streit. Zunächst zwischen den Oppositionsgruppen außerhalb Syriens, später auch innerhalb des Landes. Der einzige gemeinsame Nenner war der Sturz des Regimes in Damaskus. Doch jetzt drohen religiös motivierte ideologische Grabenkämpfe. Es scheint sich zu entwickeln, was Syriens Diktator Bashar al-Assad schon lange vorausgesagt hat: Wenn er gehe, kämen die Dschihadisten, die aus Syrien einen islamistischen Staat machen wollten. 13 Rebellengruppen haben sich nun von der Syrischen Nationalen Koalition (SNC) losgesagt, dem wohl wichtigsten oppositionellen Bündnis, das vor allem im Ausland als Gesprächspartner anerkannt wird. Die Abtrünnigen begründen ihren Schritt damit, dass sie sich von "im Ausland gegründeten Gruppen, die nicht in Syrien operieren, nicht mehr vertreten fühlen". Der SNC mit Sitz in Istanbul wurde im November 2012 gegründet.

Radikale Islamisten sagen sich von Opposition los

Ausgetreten sind islamistische Gruppen wie die mit Al-Kaida im Irak verbundene Al-Nusra-Front und die Tawhid-Brigade, die in der Provinz Aleppo das Sagen hat. Doch auch Vertreter der bislang als moderat geltenden Freien Syrischen Armee haben dem SNC den Rücken gekehrt. Sie alle lehnen die Übergangsregierung unter dem Dach der Koalition ab. Stattdessen rufen sie zu einem islamistischen Regime auf, das die Scharia zur Grundlage nimmt. Islamistische Rebellengruppen wurden in den letzten Monaten in Syrien immer stärker und werden inzwischen auf mehrere zehntausende Kämpfer geschätzt. Der Konflikt zwischen säkularen und islamistischen Oppositionsgruppen droht nun zu eskalieren. Beobachter sind sich einig, dass der Austritt aus der Nationalen Koalition zwei Trends reflektiert: der zunehmende Einfluss islamistischer Kräfte im Kampf gegen das Assad-Regime und die Islamisierung anderer, bislang eher säkularer Gruppen, wie die Freie Syrische Armee. Eindeutig ist deren Wille, das Gewicht der Opposition auf diejenigen Kräfte zu verlagern, die innerhalb Syriens agieren. Hier sind vor allem dschihadistische Gruppen wie Al-Nusra im Zentrum, eine hässliche Realität für den Westen. Denn vor allem westliche Länder haben die Nationale Koalition als legitime Vertreterin Syriens anerkannt, allen voran Frankreich, aber auch die Arabische Liga. Insgesamt 100 Länder sehen durch sie das zukünftige Syrien vertreten.

Der Schwenk der Freien Syrischen Armee

Der Schwenk der Freien Syrischen Armee ist besonders hervorzuheben, denn ihre Führung hat lange ein Eingreifen des Westens in den verheerenden Bürgerkrieg gefordert und immer wieder vor den Folgen eines Nichtstuns gewarnt. Gegründet durch Deserteure der regulären Streitkräfte, die sich weigerten, auf ihr Volk zu schießen, galt die FSA lange Zeit als stärkste Oppositionskraft in Syrien und als größter Widersacher der Assad-Armee. Im Sturm eroberten Soldaten der FSA ganze Landstriche Syriens und schafften es, dem Machtzentrum in Damaskus gefährlich nahe zu rücken. Eine Erfolgsmeldung jagte die andere. FSA-Stabschef Selim Idriss, der schon als heimlicher Nachfolger Assads gehandelt wurde, sprach nur noch von wenigen Wochen, bis seine Armee das Regime besiegt habe. Doch seine Forderungen nach ausländischer Hilfe verhallten weitgehend ungehört. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen war blockiert, westliche Staaten argumentierten, die politische Opposition sei zu vielstimmig und der bewaffnete Widerstand zu undurchsichtig, als dass man sie konkret unterstützen wolle. Der Iran und die Hisbollah schickten Kämpfer nach Syrien. Die FSA setzte daraufhin auf Selbstbewaffnung mit Hilfe aus Saudi-Arabien, Qatar und der Türkei.

Die Bombardierung von Wohngebieten, grausame Massaker an Zivilisten und die Not und Verzweiflung der Menschen bereiteten den Boden für radikales Gedankengut. Dieses sickerte im Laufe des Jahres 2012 nach Syrien ein, denn der ungleiche Kampf lockte zunehmend international operierende Dschihadisten an. Diese erfahrenen, effizient organisierten und gut vernetzten Extremisten sprangen dort ein, wo Syrer für Freiheit, Demokratie und den Sturz des Regimes auf verlorenem Posten kämpften. Sie stammen zum Teil aus dem Ausland, scharen aber mehrheitlich syrische Kämpfer um sich. Obwohl ihre Zahl noch immer beschränkt ist, erzielen sie inzwischen die größten militärischen Erfolge gegen das Regime. Sie kämpfen außerhalb der Kommandostrukturen der FSA, beteiligen sich aber an gemeinsamen Militäroperationen. Die Führung der FSA steht vor einem Dilemma: Sie kann auf die Professionalität der Dschihadisten im Kampf gegen das Regime nicht verzichten, wollte sich aber bislang ideologisch nicht von ihnen vereinnahmen lassen. Eine Gratwanderung, der einige nun erlegen sind.