Hotellerie und Gastronomie suchen dringend Personal - und werden immer häufiger in Osteuropa fündig.
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Wien. Es wirkt paradox: Seit Jahresbeginn steigt die Arbeitslosigkeit im Tourismus, gleichzeitig nimmt aber auch die Zahl der offenen Stellen zu. Fachkräfte - vor allem im Service - werden dringend gesucht. Personal-Anwerbeversuche in krisengebeutelten europäischen Ländern blieben überschaubar: "Bis auf ein paar Spitzenkräfte waren die Anwerbeprogramme für österreichische Betriebe nicht erfolgreich", sagt Alexander Rauner, zuständig für den Bereich Arbeitsmarkt in der Wirtschaftskammer-Sparte Tourismus.
Zwar stieg die Zahl der Spanier und Griechen, die in heimischen Herbergen und Gastronomiebetrieben beschäftigt sind, seit 2008 von 470 auf insgesamt 1297. Im Vergleich zu anderen Nationen wirkt diese Zahl aber bescheiden.
Jeder fünfte Mitarbeiter stammt aus den neuen EU-Ländern
Der Großteil der ausländischen Tourismus-Mitarbeiter in Österreich stammt aus Osteuropa. Im Burgenland kommen 46 Prozent der Beschäftigten in der Branche aus Ländern, die seit 2004 der EU beigetreten sind. Österreichweit ist es jeder Fünfte, wie eine Auswertung des Arbeitsmarktservice (AMS) zeigt. Darunter finden sich viele Ungarn, Slowaken, aber auch Rumänen, die seit Jahresbeginn freien Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt haben.
In Grenzregionen im Burgenland und in Niederösterreich, aber auch in Wien, gibt es viele Grenzpendler, die im Ausland wohnen und in Österreich arbeiten. Die Gewerkschaft Vida kritisiert, dass manche Betriebe ausländische Arbeitskräfte "schwarz" beschäftigen und es mit Ruhezeiten und anderen Bestimmungen nicht so genau nehmen. Bei Hilfsjobs beobachtet Rudolf Komaromy von Vida einen Verdrängungswettbewerb: Rumänen und Bulgaren würden durch die Arbeitsmarktöffnung zunehmend Arbeitskräfte aus Ex-Jugoslawien ersetzen. Für diese gibt es ein Kontingent, das Saisonniers aus Nicht-EU-Ländern abgedeckt - heuer gibt es 4500 Quotenplätze, nach 7000 im Vorjahr.
Die Gewerkschaft plädiert dafür, das Kontingent zu streichen. Für die Wirtschaftskammer ist das keine Option. "Vor Ort fehlen die Arbeitskräfte, deshalb gibt es nach wie vor Kontingente für Nicht-EU-Ausländer", sagt Ernst Haider vom AMS. In Wien stieg die Tourismus-Arbeitslosigkeit im Juni um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, in Tirol und Vorarlberg legte sie nur um 1,2 bzw. 2 Prozent zu. Viele Österreicher wollen für einen Job nicht umziehen: "Einen Wiener für eine Stelle im Westen zu bekommen, ist schwierig", so Haider.
Viele deutsche Tourismuskräfte kehren Österreich den Rücken
Auch die Deutschen suchen sich immer häufiger einen Job nahe ihrer Heimat: Die Zahl der Deutschen, die großteils in Hotels und Restaurants in Westösterreich arbeiten, schrumpft das fünfte Jahr in Folge. "Der deutsche Tourismus entwickelt sich positiv, wodurch sich die Berufschancen im eigenen Land verbessern", sagt Rauner. Seit 1999 sei die Beschäftigtenzahl im heimischen Tourismus um ein Drittel gestiegen. Die Betriebe haben Probleme, jugendliche Mitarbeiter zu bekommen - und zu halten. Der Personal-Engpass droht größer zu werden, weil geburtenschwache Jahrgänge nachkommen. Diese Lücke füllen häufig Migranten: "Ohne migrantische Arbeitskräfte würde der österreichische Tourismus nicht so gut funktionieren", so Rauner.
Für die gleichzeitig steigende Arbeitslosigkeit sind laut Vida die schwierigen Rahmenbedingungen, etwa die unregelmäßigen Arbeitszeiten im Tourismus, der als Niedriglohnbranche gilt, verantwortlich. Manche Arbeitslose, die im Tourismus vorgemerkt sind, suchen einen Job in einer anderen Branche. Viele Stellen können nicht besetzt werden, weil Angebot und Nachfrage bei den Qualifikationen nicht immer zusammenpassen. Die grenzüberschreitende Suche nach Arbeitskräften und Stellenangeboten im Gastgewerbe und Tourismus erleichtern soll der neue Qualifikationspass der Europäischen Kommission. Arbeitssuchende können in dem Pass auf dem Europäischen Job-Mobilitäts-Onlineportal Eures anführen, welche Kompetenzen und Qualifikationen sie erworben haben. Ein großes Problem bei der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte wird die Jobbörse laut Wirtschaftskammer aber nicht ausräumen können: mangelnde Sprachkenntnisse.