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Die neuen Rousseaus - zurück zur Natur?

Von Ewald Nowotny

Gastkommentare
Climate change concept. Tree in two parts with green energy in healthy nature and industrial pollution with conventional energy. 3D rendering.
© stock.adobe.com / PhotoGranary

Der Klimawandel macht Anpassung notwendig. Bei allen Klimaschutzmaßnahmen geht es um das richtige Verhältnis zwischen naturbezogenem Bewahren und wissenschaftsorientiertem Fortschritt.


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In seinem 1755 erschienen Werk "Über den Ursprung der Ungleichheit zwischen Menschen" gab Jean-Jacques Rousseau der gesellschaftlichen Entwicklung und Kultur die Hauptschuld an den sozialen Gegensätzen und dem Elend der Menschen und kam entsprechend zu dem Schluss: "Zurück zur Natur!" Als er sein Werk seinem größten Widersacher Voltaire schickte, antwortete dieser ironisch: "Man bekommt richtig Lust, auf allen vieren zu gehen, wenn man Ihr Werk liest." Rousseau, kein Freund differenzierten Denkens, reagierte wütend mit einem Angriff auf intellektuelle Tätigkeit überhaupt: "Ich würde ohne Zweifel glücklicher sein, wenn ich meiner ursprünglichen Bestimmung gefolgt wäre und weder gelesen noch geschrieben hätte."

Im Kern hat dieser Disput zwischen den beiden Richtungen der Aufklärung - der romantisch-idealistischen und der (nur?) rationalistisch-konstruktivistischen - die intellektuelle und auch die gesellschaftspolitische Diskussion über alle folgenden Jahrhunderte bis in die unmittelbare Gegenwart bestimmt. In aktuellen Diskussionen über die Verkehrspolitik lassen sich Äußerungen finden, die durchaus einer Rousseau’schen Romantik entsprechen. So zum Beispiel, wenn der einflussreiche und streitbare TU-Professor Hermann Knoflacher meint, das Verkehrsaufkommen müsse künftig auf 10 Prozent reduziert werden, und auch auf dem Land "haben die Leute hunderte Jahre ohne Auto gelebt; wir müssten hier nichts Neues erfinden" ("Oberösterreichische Nachrichten", 24. Juli 2021). Und die prominente Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb meint, man brauche ja keine neuen Straßen, denn "die Stadt der Zukunft ist eine der kurzen Wege, weil man ums Eck von der Wohnung arbeitet" ("Kronen Zeitung", 28. Juli 2021).

Rousseau in der Natur, gemalt 1770 von Alexandre Hyacinthe Dunouy.
© Archiv

Effizienter Mix von öffentlichem und privatem Verkehr nötig

Diese idyllische Vorstellung entspricht vielleicht der Lebenswirklichkeit von Menschen, die Wohnung und Büro im Stadtzentrum haben - ist aber wohl schwer vermittelbar dem Arbeiter, der, um ein für seine Familie notwendiges Einkommen zu erreichen, aus dem Mühlviertel zur Arbeit in die Voest fährt, oder den tausenden Beschäftigten, die aus vielen Orten des Burgenlandes anreisen, um in Wiens Supermärkten zu arbeiten. Für diese Menschen, die zur weiten Mehrheit der Bevölkerung zählen, ist jedenfalls ein effizienter Mix von öffentlichem und privatem Verkehr nötig - wobei es auch die entsprechende Infrastruktur braucht. Der Bau von Radwegen ist begrüßenswert, wird aber - speziell auch für ältere Menschen - noch nicht die notwendige Mobilität ermöglichen.

Diese Mobilitätsdiskussion ist aber in einem größeren Rahmen zu sehen, wo das nostalgische "Zurück zur Natur" zu einer verstärkten Betonung von Regionalität und Kleinteiligkeit führt. Das kann zu einer positiven engeren Verbindung mit der jeweiligen lokalen und regionalen Lebenswelt führen - es kann aber auch Abschottung und regionalen Egoismus bedeuten. Wenn etwa, wie derzeit in Wien, sich die einzelnen Bezirke zunehmend voneinander abschotten in Bezug auf Durchzugsverkehr und Parkmöglichkeiten oder lokale Bürgerinitiativen gegen Projekte von überlokaler Bedeutung, wie zum Beispiel Stromleitungen, aktiv werden.

Und freilich kann Regionalität auch zum Marketing-Gag verkümmern, wenn Großkonzerne ihre Produkte von ländlich kostümierte Menschen mit nettem, aber verständlichem Mundarteinschlag präsentieren lassen. Letztlich fallen diese Phänomene zusammen mit der - sehr Rousseau’schen - Sicht, die Menschheit habe sich seit der als Maßstab genommenen vorindustriellen Zeit in die falsche Richtung entwickelt. Massives Gewicht bekommt diese Sicht durch die naturwissenschaftlich bestimmte Diskussion über die Folgen der feststellbaren Klimaerwärmung, die zu akuter Zukunftsangst gerade bei der jüngeren Generation führt.

Berücksichtigung ökonomischer Aspekte

Nun ist in der Tat der Disput zwischen der intellektuellen Tradition nach Rousseau und der intellektuellen Diskussion nach Voltaire nicht in einem einfachen "Entweder-oder" zu lösen. Beide Ideenbereiche haben wesentlich zur Entwicklung der modernen Gesellschaft beigetragen. Rousseaus Konzept des "contract social", der Verfassung einer Gemeinschaft freier Menschen, hat den Weg zu demokratischen Regierungsformen eröffnet, Voltaires Skeptizismus hat den Weg zu moderner Wissenschaft und zu Sir Karl Poppers "offener Gesellschaft" gebahnt. Für beide Gedankengebäude gilt aber auch die Problematik der "Dialektik der Aufklärung". Perversionen von Rousseaus Denken finden sich in autoritären "Tugend- und Gleichheitsdiktaturen" von Maximilien de Robespierre bis zu Pol Pots Versuch der Ausrottung aller Intellektuellen in Kambodscha. Perversionen von Voltaires Nüchternheit zeigten und zeigen sich in technokratischen Allmachtsfantasien und der Unterschätzung sozialer Probleme. Es geht daher stets um das richtige Maß, das richtige Verhältnis zwischen naturbezogenem Bewahren und wissenschaftsorientiertem Fortschritt.

Zu dieser wissenschaftsorientierten Perspektive gehört auch die Berücksichtigung ökonomischer Aspekte als Mittel zur Verbesserung konkreter Lebensverhältnisse im Sinne besserer Gesundheit, adäquater Lebens- und Wohnungsmöglichkeiten, sozialer Gerechtigkeit und Mobilität, besserer Ausbildungschancen und höherer persönlicher Freiheit. Es ist wohl nicht zu leugnen, dass auch bei Berücksichtigung vieler bestehender Probleme sich die Lage der Menschen zumindest in dem von der Aufklärung erfassten Bereich der Welt seit den Tagen Rousseaus und Voltaires massiv verbessert hat. Hierzu hat wesentlich die von deren Zeitgenossen, dem Ökonomen und Moralphilosophen Adam Smith, entwickelte Konzeption der Dynamik des Wirtschaftsgeschehens beigetragen - eine Konzeption, die dann hinsichtlich der notwendigen sozialen und regulatorischen Rolle des Staates weiterentwickelt wurde.

Ein Grundelement dieser Dynamik ist das Konzept der Mobilität. Im unmittelbar wirtschaftlichen Bereich ist sie die notwendige Voraussetzung für das Wirken von Arbeitsteilung - einer entscheidenden Triebkraft für wirtschaftliche Produktivität und Dynamik. Auch hier kann es, wie Exzesse der Globalisierung zeigen, Übertreibungen geben. Aber die liebliche Dorfidylle oder das schöne Zusammenfallen von Wohn- und Arbeitsort bedeuten zwar eine geringere Notwendigkeit von Mobilität, sie implizieren aber eine weitgehende Absage an eine moderne, arbeitsteilige Wirtschaft, die auf einer Fülle unterschiedlicher Qualifikationen und Produkten beruht. Sie implizieren aber auch eine Absage an individuelle berufliche und soziale Mobilität, da es bedeuten würde, dass viele Menschen - wie die Bauern des 18. Jahrhunderts - an einem bestimmten Arbeits- und Wohnort festgebunden sind und nicht die Chance haben, differenzierte Arbeits- und Gütermärkte zu nutzen.

Perspektive der unmittelbaren Zukunftsgefährdung

Diese - hier holzschnittartig wiedergegebene - Konstellation gewinnt heute zusätzliche Brisanz durch die von Bereichen der Naturwissenschaft dargestellte Perspektive des möglichen "Weltuntergangs" durch fortschreitende Klimaerwärmung. Damit ist bei manchen, speziell sensiblen jungen Menschen eine Perspektive der unmittelbaren Zukunftsgefährdung entstanden. Dies führt wieder bei Teilen dieser Bewegung, etwa den "Extinction Rebellen" zum Slogan des notwendigen "System Change", also der radikalen Umwälzung der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse. Vermisst wird dabei die "große Vision".

Auch aus meiner Sicht ist es notwendig, dass sich Politik auf Visionen im Sinn von Zielperspektiven bezieht, und ich werde im Abschluss dieses Beitrages auf ein wichtiges Konzept eines "neuen Gesellschaftsvertrages" hinweisen. Aber das Verfolgen der einen "großen Vision" durch eine spezifische Gruppe, ist, wie die Geschichte zeigt, nicht ohne Risiken für die Gesellschaft insgesamt. Hier plädiere ich aus der Sicht des skeptischen Voltaire-Popper’schen Ökonomen doch eher - zumindest als Korrektiv - für das demokratisch kontrollierbare, lernfähige Prinzip von "Versuch und Irrtum" des kritischen Rationalismus und des demokratischen Wettbewerbs unterschiedlicher Konzepte.

Nun sind wir in der Tat Zeugen eines umfassenden Klimawandels, der als naturwissenschaftliches Phänomen ernst zu nehmen ist. Um mit diesem Phänomen gesellschaftspolitisch verantwortungsbewusst umzugehen, sind meines Erachtens freilich eine Reihe zusätzlicher Erwägungen anzustellen: Wie für jedes gesellschaftliche und damit auch ökonomische Phänomen, gilt auch für die Erfassung der Klimaproblematik das ökonomische Effizienzprinzip, also die Notwendigkeit, vorgegebene Ziele mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz zu erreichen, und damit verbunden die Notwendigkeit, jede Maßnahme einer Kosten/Nutzen-Betrachtung zu unterwerfen - wobei sowohl Kosten wie Nutzen durchaus weitgespannt zu erfassen sind.

Wirksame globale Koordinierung der CO2-Preise unwahrscheinlich

Bereits in meiner 1974 erschienenen Habilitationsschrift habe ich darauf hingewiesen, dass dabei zwischen lokal oder regional abgrenzbaren Umweltproblemen und zwischen globalen Problemen zu unterscheiden ist. Bei regional abgrenzbaren Problemen wie Waldsterben, Luftreinhaltung, Gewässerschutz oder Verkehrsplanung ist es möglich, aussagekräftige Kosten/Nutzen-Vergleiche anzustellen und ein entsprechendes Lenkungsinstrumentarium zu entwickeln. Dies ist ja auch vielfach geschehen und hat auch zu entsprechenden Erfolgen geführt. Hier ist auch Raum für weitere Aktivitäten, etwa in Bezug auf Schaffung und Sicherung von Grünflächen, Lärmschutz und Sicherung von Wasserreserven.

Herausfordernd sind dagegen Systemkomplexe wie die Klimaproblematik, wo es um die weltweite Reduktion von CO2-Emissionen geht. Hier sind dazu auch weltweite Ansätze nötig. Dies soll ja auch durch die Beschlüsse internationaler Klimakonferenzen zur Entwicklung eines weltweiten Preissystems für CO2-Emissionen erreicht werden. Aufgrund unterschiedlicher Einkommenssituationen, politischer und gesellschaftlicher Präferenzen und institutioneller Ausstattung ist es freilich sehr unwahrscheinlich, dass eine entsprechende wirksame weltweite Koordinierung tatsächlich zustande kommt, wie sich ja auch bei den Klimagipfeln in Paris und Glasgow gezeigt hat, wenn man die Ergebnisse kritisch durchleuchtet.

Dementsprechend hat der Nobelpreisträger William Nordhaus, ein Pionier der Klimaökonomie, vorgeschlagen, dass die Staaten, die zu zusätzlichen Kostenbelastungen in Form einer CO2-Bepreisung tatsächlich bereit sind, einen "Klimaklub" gründen. Zwischen dessen Mitgliedern soll Freihandel herrschen, gegenüber Nicht-Mitgliedern soll es dagegen entsprechende Ausgleichsbelastungen geben. Damit soll verhindert werden, dass es zum Problem des "carbon leakage" kommt, also zum Abwandern von Produktion aus den Klimaschutzstaaten in Staaten mit geringeren Anforderungen, was Klimaschutzstaaten schädigen und die Belastung des Weltklimas wohl sogar verstärken würde. Dementsprechend wurde auch von der EU-Kommission das Konzept einer CO2-Grenzausgleichsabgabe entwickelt, die freilich nur Importeure, aber nicht Exporteure schützen würde.

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In der Praxis sind freilich die Chancen, einen effektiven "Klima-Klub" zu schaffen, leider sehr skeptisch zu beurteilen - müssten diesem doch zumindest neben der EU auch die USA, China, Russland und Indien voll wirksam angehören. Es besteht daher in der Praxis eine akute Gefahr, dass die EU überaus ehrgeizige, mit Sanktionen versehene Klimaschutzziele beschlossen hat, deren Umsetzung aber entweder nicht durchführbar ist oder mit massiven negativen wirtschaftlichen - und letztlich auch klimapolitischen - Schäden verbunden wäre. Die angestrebte Vorreiterrolle geht ins Nichts, da sie weltwirtschaftlich nicht honoriert wird.

Bei Klimazielen auch über ein "Szenario B" nachdenken

Dessen ungeachtet ist es freilich aus vielen - nicht zuletzt geopolitischen - Gründen notwendig und sinnvoll, in Bezug auf den Energieverbrauch in Europa eine Reduzierung und eine Verringerung von externen Abhängigkeiten energisch durchzusetzen - was mit deutlich positiven Klimaaspekten verbunden ist. Für weite Teile der Welt ist eine solche Strategie angesichts des jeweiligen Entwicklungsstandes und des entsprechenden Aufholbedarfes freilich nicht oder nur sehr abgeschwächt zu erwarten.

Zwar stimmt der häufig gehörte Satz: "Das Klima lässt nicht mit sich verhandeln." Sehr wohl kann und muss man aber verhandeln über Ausmaß und Form der in politischen Prozessen zu erreichenden Reduktion des von Menschen verursachten oder verstärkten Klimawandels. Es ist daher wohl ratsam, zusätzlich zu Programmen zur Eindämmung des Klimawandels auch über ein "Szenario B" nachzudenken, in dem gesetzte Klimaziele nicht im vollen Ausmaß erreicht werden. Dafür ist es zunächst notwendig, die dargestellten negativen Wirkungen von Klimaänderungen für konkrete Problemfelder zu analysieren. Die historische Erfahrung zeigt, dass vieles, was als Umweltkatastrophe gesehen wird, durch konkrete Präventionsmaßnahmen verhindert oder zumindest abgemildert werden kann. Dies gilt zum Beispiel für Überschwemmungen, für Sturmschäden, ja, wie Japan zeigt, sogar für Erdbeben.

Ebenso zeigt sich im agrarischen Bereich, dass entsprechende Anpassungen vielfach bereits unterwegs sind und, wie etwa Israel zeigt, ein weiter agrartechnologischer Spielraum für Anpassungen besteht. Es ist daher im Sinne von Kosten/Nutzen-Betrachtungen wohl sinnvoll, verstärkt auf Vorsichtsmaßnahmen, Präventionskonzepte und Anpassungsstrategien im Sinne eines "Plan B" zu setzen. Das bedeutet nicht ein Ignorieren der Klimaproblematik, aber es ist ein Weg, statt von Weltuntergangsängsten ausgehend immer stärkere wirtschaftliche und soziale Belastungen zu entwickeln, konkrete, in ihrer Effizienz überprüfbare Schritte zu setzen und sich, wo möglich, auch Veränderungen anzupassen. Dieser Ansatz wird etwa vom Nobelpreisträger Klaus Hasselmann, Physiker und früherer Leiter des Deutschen Klimarechenzentrums, hervorgehoben.

Gesellschaftliche Zielkonflikte in demokratischer Form lösen

Mit dieser Perspektive verbunden ist der wohl wichtigste Aspekt einer umfassenden, sich sozialer Verantwortung bewussten Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Aus der Sicht einer Zukunftsbedrohenden Weltuntergangsperspektive wird vielfach eine absolute Priorität der Klimapolitik postuliert. Dies ignoriert freilich, dass es für die konkrete Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik zentral ist, mit einer Vielzahl von gesellschaftlichen Zielen und damit auch Zielkonflikten konfrontiert zu sein und diese Zielkonflikte in demokratischer Form zu lösen. Diese Berücksichtigung von Zielpluralität und von Zielkonflikten ist der zentrale Ansatz in dem neuen Buch der Rektorin der London School of Economics and Political Science, Minouche Shafik, auf Deutsch erschienen unter dem Titel "Was wir einander schulden - Ein Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert" (Berlin 2021). Dieses Buch hat im angelsächsischen Bereich eine breite Diskussion ausgelöst, im deutschen Sprachraum aber vergleichsweise geringe Resonanz gefunden. Der Untertitel "A New Social Contract" weist auf die Verbindung von grundlegenden Perspektiven Rousseaus und Voltaires hin.

Der Sozialkontrakt wird als eine Form gegenseitiger Verbindungen gesehen, die in Form konzentrischer Kreise von der Familie bis zur Weltgesellschaft reichen. Aus der Vielzahl dieser Verbindungen ergibt sich auch die Notwendigkeit des Abwägens zwischen Personen, Gruppen und Generationen, eben auch der Berücksichtigung von Zielkonflikten. Konkret werden für die Bereiche Kinder, Erziehung, Gesundheit, Arbeit, Alter und Generationen jeweils neue Sozialkontrakte diskutiert. In Bezug auf die Generationen geht es dabei sowohl um die Anliegen der jungen und der künftigen Generationen, als auch um den Sozialkontrakt zwischen den Generationen - ein Sozialkontrakt, der gerade in einer alternden Gesellschaft politisch und sozial herausfordernd ist.

Denn letztlich werden in funktionierenden Demokratien Änderungen nicht durch Demonstrationen und spektakuläre Aktionen erreicht, sondern durch politische Teilnahme, speziell an Wahlen. Es ist hier nicht der Raum, den Inhalt dieses Buches im Detail darzustellen, aber es sollte jedenfalls ein Hinweis gegeben werden auf die aus meiner Sicht wichtigste moderne Studie einer umfassenden sozialen, ökonomischen, politischen und ökologischen Erneuerung. Es ist gut, dass sich hier eine eminente Wissenschafterin bemüht, einen Weg heraus aus der angstvollen Betrachtung von Einzelproblemen hin zu einer umfassenden realistischen und innovativen Sicht der Welt aufzuzeigen. Es ist der hoffnungsvolle Weg einer neuen Aufklärung.

Ewald Nowotny ist Universitätsprofessor im Ruhestand an der Wirtschaftsuniversität Wien, ehemaliger Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Sein Text ist die gekürzte Fassung eines Beitrages im von Michael
Steiner herausgegebenen Buch "WAS - Trau dich" (Graz 2022).