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Die neuen Versionen der betrieblichen Leibrente

Von Alfred Abel

Wirtschaft

"Versorgungsrenten gibt's nicht!", verkündete der Verwaltungsgerichtshof zu Beginn dieses Jahres und löste damit einen Sturm fiskalischer Entrüstung aus. Hatte das hohe Gericht mit dieser neuen | Auffassung doch tatsächlich seine eigene Rechtsprechung konterkariert und jahrzehntelange Judikatur zu Makulatur gemacht. Die wachen Gesetzemacher schalteten jedoch schnell und benützten das gerade | entstehende Steuerreformgesetz zur Gegenaktion. Die abjudizierte Rente erhielt eine feste gesetzliche Verankerung. Kurz vor dem nahenden Jahresende, dem üblichen Zeitpunkt für Betriebsübertragungen | gegen Leibrente, ist die Rentenbesteuerung damit rechtlich wieder saniert.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bei der Übertragung von Betrieben (auch Teilbetrieben oder Anteilen an Personengesellschaften) gegen Leibrente sind nach der jüngsten Gesetzgebung vier Varianten denkmöglich, die verschiedenartige

steuerliche Auswirkungen auslösen. Man spricht von der (echten) Kaufpreisrente, von der außerbetrieblichen und der betrieblichen Versorgungsrente und von der Unterhaltsrente.

Den einzelnen Varianten liegen unterschiedliche Überlegungen auf Verkäuferseite zu Grunde und daraus ergeben sich auch die Folgerungen: hinsichtlich der Entgeltlichkeit der Übertragung, hinsichtlich

der buchhalterischen Behandlung, hinsichtlich der steuerlichen Konsequenzen beim Betriebsverkäufer (dem künftigen Rentenempfänger) und beim Rechtsnachfolger (dem Käufer und

Rentenverpflichteten).

Die echte Kaufpreisrente

Die Kaufpreisrente wird häufig mit dem Adjektiv "angemessen" versehen, und so ist sie auch zu verstehen: als angemessene Gegenleistung für die Übertragung (den Kauf) eines Betriebes. Angemessen

muss nicht 1 zu 1 bedeuten; seitens der Finanz wird eine Bandbreite zwischen 75% und 125% des Werts des übertragenen Betriebsvermögens akzeptiert. Liegt der versicherungsmathematische Rentenbarwert

darunter oder darüber, dann wird die Angemessenheit allerdings verworfen und die vereinbarte Rente zur außerbetrieblichen Versorgungsrente degradiert.

Ist die Angemessenheit gegeben, dann entsteht beim Betriebsverkäufer ein Veräußerungsgewinn, dies allerdings erst dann, wenn die Summe der Rentenzahlungen den Buchwert des übertragenen

Betriebsvermögens überschreitet.

Beim Rentenzahler (Käufer) ist der Rentenbarwert wertmäßig auf die erworbenen Betriebsvermögensteile umzulegen; ein Mehrwert stellt den Firmenwert dar. Die Rentenverpflichtung ist zu passivieren und

zu jedem Bilanzstichtag neu zu bewerten; altersbedingte Verminderungen des Passivums stellen Ertrag dar. Die Rentenzahlungen selbst sind sofort voll absetzbare Betriebsausgaben.

Die außerbetriebliche Versorgungsrente

Die außerbetriebliche Versorgungsrente, die nun durch das Reformgesetz im Einkommensteuerrecht ihren unverrückbaren Platz hat, verfolgt den Zweck, dem Betriebsübergeber nicht bloß einen Kaufpreis

zu bezahlen, sondern ihm zusätzlich auch noch eine Versorgungstangente zukommen zu lassen. Diese Dualität der Rentengewährung macht aus der Übertragung eine unentgeltliche.

Als Kriterium gilt, dass der versicherungsmathematische Rentenbarwert in solchen Fällen außerhalb der Bandbreite der "echten" Kaufpreisrente liegt (also unter 75% oder über 125%), aber jedenfalls

nicht über 200%, denn dann läge gar eine Unterhaltsrente vor.

Der Rechtsnachfolger ist an die Buchwerte des Betriebsvorgängers gebunden. Die von ihm geleisteten Zahlungen sind aber ab der ersten Zahlung Sonderausgaben, beim Rentenempfänger ab dem ersten Zufluss

einkommensteuerpflichtige "sonstige Einkünfte".

Die betriebliche Versorgungsrente

Neben der außerbetrieblichen gibt es auch noch die Spielart der betrieblichen Versorgungsrente, bei der es weniger um die materielle Betriebsnachfolge geht, sondern eher um eine ideelle Geste,

aber jedenfalls junktimiert. Es handelt sich auch hier um eine unentgeltliche Betriebsübertragung. Die zugesagte Rente hat eher den Charakter einer Ehrenpension für den scheidenden Betriebsinhaber

(und seine künftige Witwe): seine unternehmerischen Verdienste um den zu übertragenden Betrieb sollen durch diese Rentenzusage besonders gewürdigt und honoriert werden: ein eher seltenes

Vorkommnis in der nüchternen Welt der Wirtschaft und daher auch im Einkommensteuergesetz eher kursorisch festgeschrieben.

Eine bilanzielle Passivierungspflicht für den Spender einer solchen Rente besteht nicht. Die betriebliche Rechtfertigung des Rentenversprechens macht die Zahlungen zu sofort absetzbaren

Betriebsausgaben, beim Empfänger allerdings ebenso sofort zu (nachträglichen) Betriebseinnahmen.

Die "unangemessene" Unterhaltsrente

Die vierte Rentenvariante im Zusammenhang mit einer Betriebsübertragung ist die Unterhaltsrente, die sich größenmäßig vom Wert des übertragenen Betriebsvermögens derart deutlich abhebt, dass man

bereits von Unangemessenheit sprechen kann. Der versicherungsmathematische Rentenbarwert beträgt hier mehr als 200% des Vermögensübergangs und liegt damit jenseits einer realistischen

Verhältnismäßigkeit. Es liegt eine unentgeltliche Übertragung (mit Buchwertfortführungspflicht) vor.

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Rentenformen zeitigt die Unterhaltsrente keine einkommensteuerlichen Konsequenzen: Sie führt beim Zahler zu keinen absetzbaren Betriebs- oder

Sonderausgaben und beim Empfänger zu keinen steuerpflichtigen Einkünften.

Geänderter Rentenstichtag

Die neue Rechtslage hat übrigens auch noch eine Änderung mit sich gebracht, die leicht übersehen wird. Anders als früher ist der versicherungsmathematische Rentenbarwert nicht mehr auf den

Stichtag der Betriebsübergabe abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt des Beginns der Rentenzahlungen. Der Unterschied liegt nicht bloß in der Optik, sondern kann dazu führen, dass der dann niedrigere

Rentenbarwert vor allem bei den Kaufpreisrenten zu rascheren steuerpflichtigen Auswirkungen führt.

Die Finanz sieht die neue Methodik auf jeden Fall als "gerechter" an, als die frühere Vorgangsweise und verwahrt sich gegen den Verdacht, dass sich der Finanzminister hier ein "kleines Körberlgeld"

eingeplant haben könnte.