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Staat soll die Kassen entschulden. | Bittner: Kassen und Ärzte haben Vorleistung erbracht. | Neue Versorgungsstrukturen geplant. | Wien. Der Hauptverband der Sozialversicherung, die Gebietskrankenkassen und die Ärztekammer demonstrierten am Donnerstag neue Einigkeit. Vor allem die erste Hälfte des zu Ende gehenden Jahres war ja geprägt durch scharfe Auseinandersetzungen wegen des Kassensanierungspakets der Sozialpartner, das bei der Ärztekammer auf scharfen Widerstand gestoßen ist und schließlich auch im Parlament scheiterte.
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"Wer das Gesundheitssystem nachhaltig sanieren will, muss seine Kräfte bündeln", begründete Hauptverbands-Vorstandschef Erich Laminger nun den neuen partnerschaftlichen Weg. In Zukunft soll alles besser werden. Gemeinsam wollen die Akteure die Finanzkonsolidierung vorantreiben, neue Versorgungsstrukturen schaffen, eine Bedarfsplanung erheben, die Qualität sichern und die EDV weiter entwickeln. Ziel bleibe jedoch die Finanzierung des Gesundheitssystems aus einer Hand, sagte Laminger.
Einen ersten Schritt haben Kassen und Ärzte bereits gesetzt: In der Steiermark, Niederösterreich, im Burgenland und in Wien habe man die Tariferhöhungen für die Ärzte sehr niedrig abgeschlossen. Damit hätten Kassen und Ärzte einen Beitrag zur Finanzsanierung geleistet, nun sei die Bundesregierung dran, betonte Franz Bittner, Chef der Trägerkonferenz und Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (WGGK). Mindestens 150 Millionen Euro müssten vom Bund an die Kassen fließen - zusätzlich zur Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente.
Bittner verlangt aber nicht nur Geld vom Staat, sondern drängt die Politik auch zu einer Änderung der Haftungsbestimmungen. Denn alleine die organisatorische Abwicklung der Deckelung der Selbstbehalte bei Medikamenten koste zwischen 90 und 100 Millionen Euro. Eigentlich eine kluge Entscheidung der Politik, die Kosten müssten aber die Kassen übernehmen und deren Funktionäre, die im Jahr eine Aufwandsentschädigung von 400 Euro erhielten, müssten für die Verluste haften. Sollte also das Geld vom Staat erst 2010 fließen, wie Finanzminister Josef Pröll angekündigt hat, müsste die Haftung anders geregelt werden. Denn die WGGK trete "ab Februar in eine Dauerschuld, das übernimmt der Vorstand sicher nicht", betonte Bittner.
Ein anderes großes Projekt, das schon sehr bald abgeschlossen werden soll, ist die Schaffung neuer Versorgungsstrukturen. Es könnten auch Schwerpunkt-Kooperationen eingerichtet werden - etwa zur Diabetiker-Behandlung. Vor allem Ärztekammer-Vizepräsident Günther Wawrowsky will hier sicherstellen, dass in solchen Gemeinschaftspraxen, in denen sich verschiedene Gesundheitsberufe (Ärzte, Therapeuten, Pfleger) zusammenschließen können, eine Mitsprache von Fremdinvestoren verhindert wird. Konkret bedeutet das, dass die Ärzteschaft Firmen (Brillen- oder Hörgeräteerzeuger oder -händler) mit rein ökonomischem Hintergrund ausgeschlossen wissen will.