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Die Niederlande setzen beim Pensionssystem auf Solidarität

Von Rosa Eder, Amsterdam

Wirtschaft

"Bei uns in den Niederlanden läuft es in Bezug auf die Renten im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut", betonte Steuerrechtsexperte Gerry J. B. Dietvorst gestern, Dienstag, bei einem von der Raiffeisen Versicherung veranstalteten Symposion in Amsterdam.


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Im niederländischen System, das in den vergangenen fünfzig Jahren eine sehr dynamische Entwicklung durchgemacht habe, sei die staatliche Altersvorsorge nicht vom Arbeitseinkommen abhängig, sondern für jedermann gleich.

Jeder Bürger von 15 bis 65 Jahren sei in diesen - auf einem starken Solidaritätsgedanken aufbauenden - Grundversorgungsnetz eingebunden.

Finanziert werde die 1956 errichtete erste Säule der Altersvorsorge wie in Österreich durch das Umlageverfahren. Die Erwerbstätigen leisten einen Beitrag von 17,9% ihres Einkommens, aber maximal umgerechnet 54.000 Schilling im Jahr, womit die Grundrente finanziert wird. Ein Ehepaar erhält mit umgerechnet 190.000 Schilling die höchste jährliche Rente, eine alleinstehende Person kommt auf 137.000 Schilling, rechnete Dietvorst vor.

Durch die steigende Zahl der Pensionisten - in den Niederlanden tritt man mit 65 Jahren in den Ruhestand - stößt auch dieses System an seine Grenzen, und entsprechende Maßnahmen werden seitens der Regierung bereits überlegt.

91% der Arbeitnehmer sind in die zweite Säule, die in der Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegt, eingebunden. Zusammen mit der staatliche Rente komme man auf eine Alterspension von etwa 70% des letzten Einkommens, sagte Dietvorst, der für die Interpolis, eine zur Raiffeisengruppe in Holland gehörende Versicherung, tätig ist.

Die dritte Säule schließlich umfasst die individuelle Ergänzung der Rente durch private Vorsorge, deren sich Unternehmen, Arbeitnehmer ohne Rentenzusage aus der zweiten Säule und Arbeitnehmer mit unzureichender Altersrente - etwa weil sie später zu arbeiten begonnen haben - bedienen. Eine "Frühverrentung" ist laut Dietvorst in der ersten Säule nicht möglich, in der zweiten Säule jedoch schon.

Ab dem kommenden Jahr wird in den Niederlanden die Einkommensteuer durch ein auf drei Steuerklassen ("Boxen") basierendes System ersetzt, berichtete der Steuerexperte. Die Bürger sollen dadurch mehr Eigenverantwortung für die Zeit nach ihrer Erwerbstätigkeit entwickeln.

Da es ab 2001 in den Niederlanden keine Niederlassungspflicht für Lebensversicherungen mehr gibt, dürfte es für die heimischen Assekuranzen - derzeit sind es 105 bei 15,5, Millionen Einwohnern - eng werden, prophezeit Dietvorst: "Die holländischen Versicherungen haben das noch nicht begriffen". Verstärkte Marketinganstrengungen seien deshalb vonnöten.