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Die niedrigen Sachbezugswerte verleiten zu "Umwegskonstruktionen"

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Das System ist attraktiv und verlockend zugleich. Seit vielen Jahren hat die Finanzverwaltung günstige Steuerwerte festgelegt, wenn Betriebe ihren Arbeitnehmern Dienst- oder Werkswohnungen zum Nulltarif oder zur Diskontmiete bieten.


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Die amtlichen Sachbezugswerte - die auf dieser Zeitungsseite in der ab 2002 geltenden Euro-Version veröffentlicht werden - erhöhen die Lohnsteuergrundlage des betreffenden Dienstnehmers (übrigens auch jene für die anderen Lohnabgaben). Die niedrigen Tabellenwerte verleiten freilich in der Praxis bisweilen zu Experimenten, denen die Finanz allergisch gegenübersteht.

Die amtlichen Sachbezugswerte sind einfach, klar und für die Lohnverrechner leicht administrierbar. Sie stellen die vom Fiskus abgesegneten "Mittelpreise des Verbrauchsortes" für Firmenwohnungen dar und geben Betrieben wie Arbeitnehmern gleichermaßen die Sicherheit, dass es bei künftigen Lohnabgabenprüfungen keinen Zank gibt.

Die verständlichen Interessen der Arbeitgeber

Die solcherart geregelte Besteuerung von kostenlosen oder verbilligten Dienst- oder Werkswohnungen kommt dann zum Zug, wenn ein Unternehmen aus objektiv plausiblen betrieblichen Gründen Mitarbeiter ans Werk binden will oder muss; sei es, um Spezialisten oder Manager aus fernen Landen anzuheuern oder einfach, um Mitarbeiter, die fern der Betriebsanlagen leben, in Betriebsnähe zu haben.

Ausschlaggebend ist also das begründete Arbeitgeberinteresse, und dieses kann so stark sein, dass die Wohnung im Firmenareal gelegentlich sogar lohnsteuerfrei gewährt werden darf. Ein Werksportier, der (außerhalb seiner Privatwohnung) zwangsläufig auch noch eine Werkswohnung benutzen muss, braucht selbst die amtlichen Steuerwerte nicht zu fürchten.

Ein Versuch mit Managerwohnungen

Die niedrigen Sachbezugswerte haben freilich in der Praxis zu gefinkelten Überlegungen geführt, vor allem unter Gesell-schafter-Geschäftsführern und Vorständen. Unter den zahl-reichen inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof abgehandelten Streitfällen *) fallen dabei zwei typische Konstruktionen auf. Manager A (wesentlich beteiligt) verkauft (oder vermietet) seine bisherige Privatwohnung an seine Gesellschaft und lässt sie sich anschließend zu freundlichen Sachbezugswerten wieder zur Verfügung stellen. Manager B (wesentlich beteiligt) veranlasst seine Gesellschaft, eine hübsche neue Bleibe anzuschaffen und lässt diese an-schließend an sich vermieten, damit er seine bisherige alte Bleibe auflassen kann. Dazu macht er mit seiner Firma auch einen ordentlich vergebührten Mietvertrag, der freilich einen unüblich niedrigen Mietzins ausweist.

Dass da nicht immer unbedingt der Geschäftsführer selbst nach außen hin auftritt, sondern etwa die mit wohnende Ehefrau, spielt bei der steuerlichen Beurteilung der Kontrakte im Endeffekt keine Rolle; das Höchstgericht hatte auch schon mal über einen zwischengeschalteten Geschäftsführer-Bruder zu rechten.

Es fehlt der Fremdvergleich

Nun bestehen gegen die zur Verfügung Stellung einer Firmenwohnung an einen (auch wesentlich beteiligten) Geschäftsführer keine grundsätzlichen Einwände, wenn dies zu ortsüblichen Konditionen passiert. Der Misstrauenserreger für jeden Steuerprüfer ist allerdings in diesen Fällen das Gesellschaftsverhältnis, in dem sich diese Mietvorgänge abspielen. Beanstandet wird häufig, letztlich auch vom Höchstgericht, dass das Sale-and-lease-back von Geschäftsführer-Wohnungen oder die ungewöhnlich niedrige Pseudomiete einem firmenfremden Mitarbeiter wohl nicht zugestanden würde, dass die Vorgänge nicht im ausschließlichen, nachvollziehbaren Arbeitgeberinteresse liegen, sondern durch das Privatinteresse der Gesellschafter-Geschäftsführer initiiert werden. "Fremdunübliche Konstruktionen" ortet das Verwaltungsgericht da und bestätigt insoweit verdeckte Gewinnausschüttungen oder überhaupt missbräuchliche steuersparende Umwege.

Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Nutzen, den Manager aus solchen Konstruktionen ziehen, auch als Teil ihres Dienstleistungsentgelts anzusehen ist. Wenn Gehalt, Mietvorteil für die Firmenwohnung und all-fällige sonstige Sachbezüge insgesamt als angemessene (fremdübliche) Entlohnung des Managers angesehen werden können, muss der Mietvorteil keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, sondern kann als zusätzlicher Gehaltsbestandteil gelten. Freilich nicht zu Sachbezugstarifen.

*) Neu und lesenswert dazu VWGH 98/15/0169 v. 20.6.2000

Zu unserem Artikel in der Ausgabe vom 20.9.2001 ist zu berichtigen, dass die Anrechnung von Transferleistungen auf Unterhaltszahlungen nicht vom Obersten Gerichtshof judiziert wurde, sondern vom Verfassungsgerichtshof unter B 1285/00 vom 27.6.2001.