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FPÖ und Wirtschaftskammer wollen Demos in der Innenstadt einschränken.
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Wien. Nach der ganzen Aufregung rund um den Akademikerball fordert nun die FPÖ ein Demonstrationsverbot in Teilen der Wiener Innenstadt. "Wir würden uns wünschen, dass man exponierte Flächen, wo es höhergestellte Interessen gibt, zu Verbotszonen macht", sagte der Wiener FPÖ-Landesparteisekretär Hansjörg Jenewein am Montag zur "Wiener Zeitung". Gemeint seien damit etwa die Kärntner Straße oder der Stephansplatz, aber auch die Mariahilfer Straße. Das gelte im Übrigen auch für eine im Mai in weiten Teilen der Innenstadt geplante Veranstaltung der Burschenschafter.
Geht es nach der Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, Ursula Stenzel (ÖVP), sollen in Zukunft auf dem Stephansplatz und der Ringstraße keine Demonstrationen mehr stattfinden. Ein Demonstrationsverbot hielte sie "wenn es möglich ist, für gut und nützlich", wie sie am Montag erklärte. Auch die Wiener Wirtschaftskammer wünscht sich Einschränkungen in diesem Bereich, zumal sich die meisten Demos immer an denselben Orten abspielten. "Alleine rund um den Ring finden jedes Jahr 80 Demonstrationen statt, das schadet den Unternehmern", meinte Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank.
Grüne: "Wie in Syrien oder in der Ukraine"
Empörung indessen bei den Grünen: "Man kann es schon so machen wie in Syrien oder in der Ukraine. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das wirklich das Konzept der Blauen oder der Schwarzen ist", meinte der Wiener Grünen-Klubchef David Ellensohn. Es sei schlimm für jeden, der bei einer Demo zu Schaden komme, betonte der Klubchef. "Aber deswegen gleich das Recht auf Meinungsäußerung verkaufen zu wollen, ist erschreckend. Ebenso, wie schnell hier hart erkämpfte bürgerliche Freiheiten aufs Spiel gesetzt werden," so Ellensohn.
Bei der Wiener Polizei zeigte man sich nüchtern bis zurückhaltend bezüglich der Forderungen von FPÖ und Wirtschaftskammer. "Das Demonstrationsrecht ist ein Grundrecht, und die Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes erlaubt hier wirklich nur Einschränkungen bei höchster Gefährdung", erklärte Polizeisprecher Peter Jedelsky. Selbst bei Routen oder Zeiten von Demonstrationen könne die Polizei nur ganz behutsam eingreifen. Eine Vorgabe sei nicht verfassungskonform.
FPÖ: "Muss ja nicht überall demonstrieren können"
Demokratische Grundrechte getraut sich in diesem Zusammenhang aber ohnehin keiner direkt in Frage zu stellen. Lediglich die FPÖ könnte sich vorstellen, das Demonstrationsrecht zu "biegen". Auf das Grundrecht angesprochen, meinte man bei der FPÖ: "Das heißt ja nicht, dass man überall Demonstrationen ausüben können muss." Beim Akademikerball habe es schließlich auch ein Platzverbot per Verordnung gegeben, stellte Jenewein fest. Dass das öffentliche Versammlungsrecht gerade für die Arbeit von politischen Parteien eine wichtige Rolle spielt, gab der Politiker zu. Aber solche Versammlungen müssten ja auch nicht unbedingt auf dem Stephansplatz abgehalten werden.
Doch selbst bei der Polizei steht man dem Platzverbot kritisch gegenüber. Das sei nämlich nur dann - anlassbezogen - möglich, wenn Personen gefährdet seien. "Und selbst wenn es eine Verfassungsänderung gäbe, dann würde das der Europäische Gerichtshof sofort wieder aufheben", so der Sprecher. Schließlich sei das Demonstrationsrecht einer der wesentlichsten Grundpfeiler der Demokratie.
Auf der anderen Seite gibt es auch das Recht auf freie Erwerbstätigkeit. Und immer wieder kritisieren Unternehmer, dass Demos zu den wirtschaftlich ungünstigsten Zeiten abgehalten werden, kaum alternative Plätze gesucht werden und die Kosten durch Umsatzrückgänge und Stauzeiten von ihnen allein zu tragen sind.
Laut Jank leiden hier nicht nur die offenen Geschäfte und Büros in diesen Straßen, sondern auch jene in den Seiten- und Nebengassen. "Weiters trifft es Handwerker, Lieferanten und Dienstleistungsbetriebe, die ihre Kunden über längere Zeit nicht oder bestenfalls stark verspätet erreichen", so Jank.
Jank will, dass Polizei Demonstranten gut zuredet
Allerdings ging die Kammerpräsidentin nicht so weit, so wie die FPÖ ein Verbot zu fordern: "Unser Appell ist, dass die Polizei im Dialog mit den Demonstranten die Tragweite der Aktionen sichtbar machen soll." Und von den Demonstranten würde sie sich "mehr Augenmaß bei der Auswahl der Austragungsorte und -zeiten" wünschen.
Freilich wäre es den Unternehmern in der City am liebsten, gäbe es Demonstrationen nur noch auf der anderen Seite der Donau. Das allerdings würde auch jede politische Versammlung, die öffentliche Aufmerksamkeit erregen will, ad absurdum führen. Denn auch Parteien und ihre Kundgebungen wären davon betroffen. "Und kein Veranstalter will gerne einen Platz in der Innenstadt gegen die Donauinsel tauschen", so der Polizeisprecher.
Für die Grünen kommt auch eine derartige Verschiebung nicht in Frage: "Zuerst keine Demo im 1. Bezirk, dann keine innerhalb des Gürtels, dann keine mehr innerhalb von Wien - und am Schluss keine freie Meinungsäußerung mehr in Österreich. So schnell kann es gehen."