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Das heurige Treffen der Währungshüter in Jackson Hole steht ganz im Zeichen des Kampfes gegen die Teuerung.
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Jedes Jahr blickt die Finanzwelt gespannt auf die traditionelle Konferenz der Notenbanker in Jackson Hole, einem idyllischen Tal im Westen des US-Bundesstaates Wyoming. Von dem dreitägigen internationalen Treffen, das vom 25. bis 27. August abgehalten wird, erhoffen sich die Märkte vor allem Aufschlüsse über den weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed im Kampf gegen die erhöhte Inflation. In der Vergangenheit nutzten hochrangige Währungshüter das Symposium immer wieder als Forum, um Signale zu setzen oder gewisse Andeutungen zu machen. Besonderes Interesse gilt daher der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell am Freitag.
Um die ausufernde Inflation wieder in die Schranken zu weisen, hat die Fed den Leitzins seit März bereits um insgesamt 225 Basispunkte (2,25 Prozentpunkte) angehoben. Das Ende der Fahnenstange dürfte damit allerdings noch nicht erreicht sein. Weitere Zinserhöhungen werden erwartet - zum Teil in deutlichem Ausmaß. Das wiederum nährt an den Märkten die Angst, dass die Konjunktur der weltweit größten Volkswirtschaft dadurch so stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, dass auch die globale Wirtschaft gehörige Dämpfer abbekommt.
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Vor diesem Hintergrund ist für die Wiener Finanzmarktanalystin Monika Rosen klar: "Gerade heuer rückt das Treffen in Jackson Hole wohl stärker als sonst üblich in den Fokus." Auch deshalb, "weil es bis zur nächsten Fed-Sitzung am 21. September noch relativ lange dauert".
Zuletzt sind die Hoffnungen vieler Investoren auf eine moderatere Gangart der Fed bei deren Zinsanhebungen gestiegen, nachdem die US-Inflationsdaten für Juli besser - sprich schwächer - als erwartet ausfielen. "Der Markt gibt einer Anhebung um 75 Basispunkte im September derzeit eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 40 Prozent", sagt Rosen.
Wie die selbständig arbeitende Analystin weiter ausführt, würden einige Marktteilnehmer hoffen, dass Fed-Chef Powell das Notenbanker-Treffen in Jackson Hole dazu benützt, Hinweise zu seiner Strategie für die kommenden Monate zu geben. "Diese Hoffnung könnte sich aber als übertrieben erweisen", meint Rosen, die für die Österreichisch-Amerikanische Gesellschaft (ÖAG) als Vizepräsidentin tätig ist. "Denn eigentlich steht es außer Streit, dass die Fed die Zinsen weiter anheben wird. Wenn, kann es nur um das Ausmaß gehen - 50 oder 75 Basispunkte im September." Aus der Sicht Rosens wird Powell "wahrscheinlich darauf hinweisen, dass die Entscheidung darüber von der Datenlage abhängen wird".
Schwieriger Spagat für Fed
Thomas Kößler, Asset-Manager der Schoellerbank, einer Tochter der Bank Austria, sieht den "Scheitelpunkt der Inflationswelle" in den USA mittlerweile zwar überschritten, nachdem sich die Teuerung von 9,1 Prozent im Juni auf 8,5 Prozent im Juli abgeschwächt hat. "Aber bei genauerem Hinblicken kann noch keinerlei Entwarnung gegeben werden", meint Kößler. Seine Begründung: "Die wichtige Kernteuerung hat sich noch nicht reduziert, und der Preisauftrieb fußt auf sehr breiter Basis."
Kößler betont freilich, dass "die Fed nach wie vor den schwierigen Spagat zwischen der entschlossenen Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen und dem gleichzeitigen Laufenlassen des Wirtschaftsmotors schaffen muss". Die jüngsten Inflationszahlen, die niedriger als erwartet waren, "geben der US-Notenbank da etwas mehr Spielraum", glaubt der Finanzmarktexperte. Zumal derzeit auch nichts für einen raschen Einbruch der US-Wirtschaft spreche. "Die Unternehmensgewinne sind stabil, der Konsum ist robust, und der Arbeitsmarkt glänzt mit Vor-Pandemiewerten", erklärt Kößler dazu. Technisch gesehen befinde sich die US-Wirtschaft zwar mit zwei negativen Quartalen in einer Rezession, dies sei jedoch durch die starke Erholung nach den Lockdowns begründet ("Basiseffekt").
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Vor ihrer Zinssitzung im September werde die Fed jedenfalls nochmals Inflationsdaten sowie einen Arbeitsmarktbericht veröffentlichen, so Kößler weiter. "Die Erkenntnisse daraus werden dann entscheidend sein für die bevorstehenden Maßnahmen der US-Notenbank."
An der heurigen Konferenz in Jackson Hole, die dort seit 1982 stattfindet und von der Federal Reserve Bank of Kansas City organisiert wird, werden auch Spitzenvertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) teilnehmen - darunter etwa die Direktorin Isabel Schnabel, voraussichtlich nicht aber Christine Lagarde, die oberste Währungshüterin der Eurozone.
Europa droht Rezession
Anders als in den USA sieht Finanzexperte Kößler den Höhepunkt der Inflation in der Eurozone "wohl noch nicht erreicht". Im Juli stieg die Rate auf 8,9 Prozent, den höchsten Wert seit Bestehen der Gemeinschaftswährung. Dennoch ist die EZB bisher eher zurückhaltend in ihrer Geldpolitik geblieben. Nach dem Einleiten der Zinswende im Juli (Anhebung um 50 Basispunkte) erwartet Kößler für das verbleibende Jahr zwar noch weitere Zinserhöhungen im Umfang von insgesamt 100 Basispunkten - der Einlagensatz wäre dann am Jahresende bei 1,00 Prozent. "Der weitere Zinspfad bleibt aber sehr vage", sagt Kößler. "Eine konjunkturelle Eintrübung könnte die Europäische Zentralbank 2023 zu einer längeren Pause in ihrem gerade erst begonnenen Zinserhöhungszyklus zwingen."
Diese Eintrübung zeichnet sich bereits ab. Gebremst von der Gaskrise und der hohen Inflation steuert die Wirtschaft der Eurozone auf eine Rezession zu: Im August ist sie den zweiten Monat in Folge geschrumpft. Das teilte der Finanzdienstleister S&P Global am Dienstag mit Hinweis auf den von ihm erstellten und an den Märkten viel beachteten Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft (Industrie und Dienstleister zusammen) mit. "Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession steigt", sagte auch EZB-Direktor Fabio Panetta.