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Die Novelle des Restitutionsgesetzes als "Lex Leopold" gegen private Sammler

Von Edwin Baumgartner

Analysen

Kulturministerin Claudia Schmied kann zufrieden sein: In einem zentralen Punkt der Novelle des Restitutionsgesetzes gab Vizekanzler Josef Pröll nach. Schmied bekommt die ersehnte "Lex Leopold".


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Das Restitutions- oder Kunstrückgabegesetz regelt die Rückgabe von Kunstwerken aus dem Besitz der Bundesmuseen an die rechtmäßigen Besitzer beziehungsweise an deren Erben.

Unter das Restitutionsgesetz fallen Kunstwerke, die in der Zeit des Nationalsozialismus enteignet wurden und in den Besitz jener Museen kamen, die nach 1945 Österreichische Bundesmuseen wurden. Ungeklärt war bisher, was mit Sammlungen geschehen soll, die der Sammler im Fall seines Ablebens der Republik Österreich vermacht hat.

Konkret geht es primär um die Sammlung Leopold. Wiederholt wurden Stimmen laut, dass Leopold auch Raubkunst gesammelt habe. 1998 wurde in New York Egon Schieles "Bildnis Valerie Neuzil" aus der Sammlung Leopold beschlagnahmt, weil es sich um Raubkunst handeln soll. Das Verfahren läuft noch.

Die Novelle des Restitutionsgesetzes sieht nun vor, dass es keine Ausnahmeregelung für in Zukunft in Bundesbesitz übergehende Privatsammlungen geben soll. Außerdem sollen auch Kunstwerke restituiert werden, deren ursprüngliche Besitzer nach 1945 auf die Rückgabe verzichtet hatten, weil sie die Werke aufgrund des Ausfuhrverbotsgesetzes nicht aus Österreich ausführen hätten dürfen.

Diese "Lex Leopold" ist, bei aller Rechtfertigung als historische Verantwortung, nicht unproblematisch: Ein Sammler auf hohem Niveau betrachtet sich selbst in gewissem Sinn als Künstler. Vermachte er seine Sammlung dem Staat, so war einer der wichtigsten Gründe dafür, dass die Sammlung nicht zerrissen wird. Durch die Novelle des Restitutionsgesetzes fällt diese Sicherheit weg. Der Sammler hat keinen Grund mehr, seine Sammlung dem Staat zu vermachen. Seine Sammlung zerreißen und die einzelnen Bilder an den Höchstbietenden verkaufen (eventuell mit einer Ablebensklausel im Vertrag) kann der Sammler schon zu seinen Lebzeiten - und das mit größerem materiellen Gewinn. Andererseits sind die Bundesmuseen auf Schenkungen angewiesen: Ihr Budget reicht für hochkarätige Ankäufe nicht aus.

Dass sich in privaten Sammlungen Raubkunst finden kann, ist freilich logisch: Für den Staat Österreich betreibt ein Expertengremium jahrelange Provenienzforschung. Für den privaten Sammler ist das unzumutbar.

Bilder gingen oft verschlungene Wege. Dass diese in ein österreichisches Bundesmuseum führen, ist durch der Novelle des Restitutionsgesetzes unwahrscheinlicher geworden.