Zum Hauptinhalt springen

Die Nummer zwei ist da

Von Peter Nonnenmacher, London

Politik

Herzogin Kate brachte Tochter zur Welt – die Wettbüros haben es schon geahnt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

London. Nun müssen sie in Kensington Palace etwas zusammen rücken. Prinz George, der Erstgeborene des Herzogs und der Herzogin von Cambridge, ist dort im Schloss fortan nicht mehr das einzige "Königskind".

George hat am Samstag ein Schwesterchen bekommen. William und Kate beehren sich, die Geburt ihres zweiten Sprösslings anzuzeigen. Das bislang namenlose Kind wird automatisch die Nummer Vier der britischen Thronfolge - nach Grossvater Charles, Papa William und eben Bruder George.

Um 8.34 Uhr war es soweit

Um 8.34 Uhr am Samstagmorgen hat die Kleine das Licht der Welt - oder besser gesagt: die Neonröhren in einem Kreissaal des St Mary´s Hospital in London - erblickt. Mit Böllerschüssen und knallenden Schampus-Korken und zum Beifall froh gestimmter Monarchisten ist ihre Ankunft in London und über London hinaus gefeiert worden. Mit heiserer Stimme verlas der Stadt-Herold, in voller Kostümierung, die offizielle Deklaration vorm Klinikportal.

Zum "heir", dem künftigen Thronerben, bildet das Neue den "spare", das traditionelle Reservekind des Königshauses. Nur falls George aus irgend einem Grund einmal den Thron nicht besteigen könnte, würde fürs neue Geschwisterchen die große Stunde schlagen. Ansonsten ist ihm eine zweitrangige Rolle zugedacht - wiewohl auf hohem Niveau.

Alice, Charlotte oder doch Elizabeth?

Wie das Kind letztlich heissen wird: Darauf durfte am Samstag noch immer gewettet werden. Die meisten Einsätze in den Wettbüros sind auf Alice, Charlotte oder Elizabeth entfallen. Aussenseiterinnen sind Posh oder Chardonney.

Dass es ein Mädchen werden würde, hatten interessanterweise 90 Prozent aller Wettlustigen in den letzten Wochen angenommen. Die Eltern hatten ja beteuert, sie hätten "es" bis zur Geburt nicht gewusst. Erhofft hatte sich eine Tochter aber offenbar Prinz William. Er hatte vor zwei Jahren schon, vor Georges Geburt, einmal in einem unbedachten Moment erklärt, dass ihm persönlich "ein Mädchen am liebsten" wäre. Und Prinz Charles gestand mehrfach, er wünsche sich diesmal eine Enkelin.

Ermäßigung in der Privatklinik

Wie schon bei der Geburt Georges (und Williams und Harrys) hatten die Royals auch für diese Niederkunft wieder ihr Lieblings-Krankenhaus im Londoner Stadtteil Paddington und dessen exklusiven privaten Lindo Wing gewählt. Das war verständlich, da der Lindo-Flügel für nur 5.215 Pfund pro Entbindung und die ersten 24 Stunden Aufenthalt einigen Komfort, wie Anschluss ans Internet und eine gut bestückte Weinkarte, bietet. Außerdem konnte das Elternpaar die zehnprozentige Ermäßigung fürs zweite Kind in Anspruch nehmen. Das war ideal, weil auch bei Hofe gespart werden muss.

Ambulanz-Pilot Prinz William übrigens war schnell zur Stelle am Samstag, als es los ging. Er hatte bereits vor zwei Wochen seinen sechswöchigen Vaterschafts-Urlaub angetreten. Geduldig gewartet hatte auf seine und Kates Ankunft vor der Klinik die übliche kleine Gruppe extrovertierter und Union-Jack-verkleideter Royalisten.

Zelte vor der Klinik

Einige zelteten schon seit Wochen vor dem Lindo Wing St.Mary´s. Um sie bei Laune zu halten und ihnen die Zeit zu verkürzen, hatten Herzog und Herzogin von Cambridge ihnen vorige Woche schon kleine süße Aufmerksamkeiten zukommen lassen. Reporter, die bereits vor zwei Wochen über eine "unmittelbar bevor stehende Geburt" spekulierten, mussten sich dann aber einiges einfallen lassen, um die vielen Tage fruchtlosen Wartens mit nicht vorhandenen Informationen zu füllen.

Am Freitag, dem 1.Mai, fragte sich der Daily Telegraph verzweifelt, ob denn wohl der kommende Vollmond die Wehen endlich auslösen werde: "Der Mond hat ja bekanntermaßen oft einen Effekt bei Schwangeren." Ein Sprecher der Anti-Monarchie-Gruppe "Republic" forderte die britische Öffentlichkeit auf, sich "um Himmels willen zusammen zu reißen - das ist doch nun wirklich keine Schlagzeilen wert".

Wie schon vor zwei Jahren, war William natürlich nicht nur in der Klinik, um seiner Frau die Hand zu halten. Sondern auch, um übers Resulat der Geburt unverzüglich Monarchin, Familie und Premierminister telefonisch ins Bild zu setzen. Unklar war, ob der Prinz diesmal auch dem Oppositionsführer Bescheid geben mußte - fünf Tage vor einer Unterhauswahl, deren Ausgang niemand vorauszusagen wagt in Großbritannien.

Ein Baby im Wahlkampf

In der Tat war schon vorab viel gerätselt worden, welche Partei wohl aus der Ankunft des Neulings den größten Nutzen ziehen würde. Normalerweise, glaubt man, kommt eine königliche Geburt der an der Regierung befindlichen Partei zugute.

Alle Parteien bedauerten freilich insgeheim, Fernseh-Nachrichten und Zeitungs-Frontseiten für zwei kostbare Tage an ein Baby eingebüßt zu haben. Für einen kurzen Augenblick geriet der Wahlkampf ins Stocken. Dafür hagelte es "herzlichste" Gratulationen - schon weil jeder Politiker vom Strahlenglanz des Hofes ein bisschen abhaben wollte.

Geplant ist als nächstes, dass die nun vierköpfige Familie nach Verlassen des Krankenhauses ein paar Tage in ihrer Londoner Hauptwohnung, in Kensington Palace, verbringt. Dort soll, heißt es, die Königin die Chance erhalten, ihr fünftes Urenkelchen in Augenschein zu nehmen.

Danach wollen sich die Cambridges nach East Anglia absetzen, wo ihnen die Queen vor zwei Jahren als Landsitz ein hübsches eigenes Anwesen namens Anmer Hall (auf dem Gelände ihres Schlosses Sandringham in Norfolk) zum Geschenk gemacht hat.