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Die Öbag ist wichtiger als Thomas Schmid

Von Wilhelm Rasinger

Gastkommentare
Wilhelm Rasinger ist kritischer Anlegervertreter, Aufsichtsrat börsenotierter Aktiengesellschaften und Vater von fünf Kindern.
© Doris Kucera

Es genügt einfach nicht, im Aufsichtsrat nur mit einer Person vertreten zu sein.


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Zu Beginn eine Vorbemerkung: Die Website der Öbag, die die wesentlichen Beteiligungen der Republik wie OMV, Post und Telekom hält sowie den Verbund gestioniert, ist zwar grafisch nett gestaltet, aber in Bezug auf Informationen sehr dürftig. Es fehlen so wichtige Informationen wie gesetzliche Grundlage, Satzung, Jahresabschluss, kurze Darstellung der Vorgängerinstitutionen, Profil des Alleinvorstands und der Aufsichtsräte. Empfehlungen und Anregungen, wie eine Website professionell zu gestalten ist, können sicher problemlos bei den Beteiligungsgesellschaften eingeholt werden.

Über zeitgemäße Corporate Governance und die Verantwortung der Aufsichtsräte sollte nicht nur auf einem von der Öbag mit hochkarätigen Persönlichkeiten veranstalteten Forum gesprochen werden, sondern diese auch im eigenen Wirkungsbereich umgesetzt werden. Es ist ein entscheidender Schwachpunkt, dass die Öbag auf einen Alleinvorstand zugeschnitten ist. Die Aufgaben sind so vielfältig und unterschiedlich, dass eine Person allein nicht alles abdecken kann. Im konkreten Fall ist es wünschenswert, dass industrielle Expertise und langjährige Führungserfahrung von ein bis zwei weiteren Vorstandsmitgliedern eingebracht werden. Es geht auch darum, dass der Öbag-Vorstand auf Augenhöhe mit den "Alphatieren" aus den Beteiligungsgesellschaften kommunizieren kann und von diesen auch respektiert wird. Es genügt einfach nicht, in den jeweiligen Aufsichtsräten nur mit einer Person vertreten zu sein. Entsprechend der Beteiligung sollten zwei bis drei Öbag-Führungskräfte in diesen Eigentümergremien sitzen. Leider wurde dies bei der Neustrukturierung des Verbund-Aufsichtsrats nicht umgesetzt. Es wurden zwar herzeigbare Experten unter Beachtung von Diversitätsregeln vorgeschlagen und gewählt, aber Thomas Schmid ist nur einer von zehn Kapitalvertretern.

In der Öbag selbst sind im Aufsichtsrat neben sechs Kapitalvertretern, die im Verhältnis 2:1 den damaligen Regierungsparteien zugeordnet werden können, drei Betriebsräte aus den Beteiligungsgesellschaften. Da wurde ein unverständliches Relikt aus der Vergangenheit übernommen. Die Öbag ist nicht Eigentum von Regierungsparteien, sondern der Republik. Daher sollten die größeren Oppositionsparteien ein Vorschlagsrecht für ein Drittel der Aufsichtsräte haben. Diese sollten klar definierte Kompetenzkriterien erfüllen, ehemalige Spitzenpolitiker sollten erst nach einer Cooling-off-Periode von mindestens zwei Jahren vorgeschlagen werden können. Es muss auch sichergestellt werden, dass nicht nach jeder Nationalratswahl der Aufsichtsrat ausgewechselt wird. Kontinuität soll dazu beitragen, den politischen Einfluss zu begrenzen.

Bei der derzeitigen politischen Diskussion um die Person von Thomas Schmid und seiner Bestellung werden die so wichtigen Strukturfragen nicht behandelt und seine bisherige Tätigkeit - immerhin schon mehr als ein Jahr - nicht evaluiert. Auch der Finanzminister und seine Berater und Einflüsterer sind gefordert, aus den bisherigen Erfahrungen entsprechende Konsequenzen zu ziehen, damit das beträchtliche Firmenvermögen nicht bloß verwaltet, sondern zeitgemäß und optimal gestioniert wird.