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Die Interessen der Studierenden gegenüber den übergeordneten politischen Stellen zu wahren - das war Motiv für die Gründung der Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) nach dem Zweiten Weltkrieg. Die 45 Sitze in der ÖH-Bundesvertretung wurden zuletzt bei den Wahlen im vergangenen Mai vergeben. Erstmals hatten dabei auch ausländische Studierende - allerdings nur aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) - das passive Wahlrecht. Die 1998 beschlossene ÖH-Reform sollte auch die unteren Ebenen der Studentenvertretung, also die Hauptausschüsse an den einzelnen Unis, die Fakultäts- sowie die Studienrichtungsvertretungen, stärken. Die Wahlbeteiligung ist traditionell gering (im Vergleich zu den politischen Wahlen auf Landes- und auf Bundesebene) und liegt im bundesweiten Durchschnitt unter 30 Prozent.
Die ÖH wird seit Entstehungsbeginn von der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) mehrheitlich vertreten. Bei den vergangenen Wahlen erreichte sie 20 Sitze und übernahm damit erneut den Vorsitz im Studentenparlament. ÖH-Vorsitzender ist Martin Faißt, gebürtiger Vorarlberger, der in Wien am Internationalen Betriebswirtschaftlichen Zentrum (ibwz) studiert. Aufgrund ihrer Mandatsstärke dominiert die AG mit ihren Forderungen nach u.a. einem Studenten-Semesterticket für die öffentlichen Verkehrsmittel, nach größerer Flexibilität der Studienpläne und nach einem leistungsorientierten Dienstrecht (vs. Pragmatisierung) auch die offizielle Politik der ÖH.
Zweistärkste Fraktion ist seit den letzten ÖH-Wahlen wieder der Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs (VSStÖ) mit sieben Sitzen. VSStÖ-Vorsitzende ist die Studentin der Geschichte und Politikwissenschaften Dagmar Hemmer. Der VSStÖ will die Studierenden besser finanziell abgesichert und deren Geldbörsen entlastet sehen und tritt für eine starke ÖH ein.
Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), derzeit sechs Sitze, haben bei den vergangenen ÖH-Wahlen Einbußen hinnehmen müssen, nachdem sie zuvor als zweitstärkste Fraktion, in einer Koalition mit dem VSStÖ, vorübergehend sogar den ÖH-Vorsitz inne hatten. Angefürt werden die GRAS von der Ökologie-Studentin Doris Müller. Die GRAS machen sich (analog zur Politik der Bundespartei der Grünen) für eine Grundsicherung der Studierenden und für aktive Frauenförderung an den Unis stark und wollen eine Garantie für die Beibehaltung des offenen, gebührenfreien Hochschulzuganges.
Im Mittelpunkt der Forderungen des Liberalen Studentinnen und Studenten Forums (LSF) steht u.a. die Kundenorientierung der Universitäten. Abgelehnt wird - trotz positiver Urabstimmung - die verpflichtende ÖH-Mitgliedschaft ("Zwangsmitgliedschaft"). (Bei der Abstimmung 1991 hatten sich die Studierenden zu 80 Prozent eindeutig für die Beibehaltung und für die Pflichtmitgliedschaft der ÖH ausgesprochen.) Das LSF ist auch gegen das, von AG und VSStÖ favorisierte, Semesterticket. Angeführt wird das LSF von dem Salzburger Jus-Studenten Andreas Putz, dem einzigen nicht in der Bundeshauptstadt studierenden Fraktionsvorsitzenden. Das LSF verfügt über vier Sitze in der ÖH-Bundesvertretung.
Die Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) sind traditionell stark vertreten an der Technischen Uni Wien und appellieren um eine Aufwertung der Studienrichtungsvertreter. Sie sind mit drei Mandaten im bundesweiten Studentenparlament vertreten. Die FLÖ plädieren für eine "nicht-ferngesteuerte" ÖH und "wirksame Mittel" gegen Uni-Lehrer, "die nichts weiter bringen". Die FLÖ werden von Christoph Pollak, Student der Technischen Chemie, angeführt.
Der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) hält bei zwei Mandaten. Er fordert die Wieder-Einführung der Freifahrt für Studierende (allerdings nicht in Form des Semestertickets), ist für die Abschaffung der ÖH-Bundesvertretung und -Pflichtmitgliedschaft sowie gegen Studiengebühren (und verweist auf ein eigenes Finanzierungsmodell). RFS-Vorsitzender ist der Volkswirtschafts-Student Andreas Trammer.
Ebenfalls zwei Sitze in der Bundesvertretung hat der Kommunistische StudentInnenverband (KSV). Unter der Maxime, "die neoliberalen Angriffe auf die Studierenden" könnten nur durch eine "explizit politische ÖH" im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung "analysiert, begriffen und bekämpft werden", hat der KSV zuletzt zulegen können. Die ÖH müsse Teil einer "sozialen Opposition" sein. Frontfrau des KSV ist Karina Korecky, Studentin der Soziologie und Politikwissenschaften.
Überraschend ein Mandat errungen hat bei den vergangenen ÖH-Wahlen erstmals die Liste NO MA´AM aus Linz. Für die Gruppierung um Al Bundy-Fans steht schlicht "das Trinken" im Vordergrund. NO MA´AM plädiert für die Umsetzung von "Halbe-Halbe" - im Sinn von Halbe-Liter-Biergläsern -, für Weißbier in den Mensas und für größere Leberkäs´-Semmerl.