Zum Hauptinhalt springen

Die Ohnmacht von Konventionen

Von Heiner Boberski

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Als ich vor etlichen Jahren - ich weiß nicht, ob es dort jetzt noch so ausschaut - durch die Innenstadt von Mödling ging, fielen mir an vielen Häusern blau-weiße Schilder auf. Sie zeigten an, dass es sich um Kulturdenkmäler handelt, die gemäß der Haager Konvention im Fall bewaffneter Konflikte zu verschonen sind. An einem Haus hatte ein Spaßvogel - oder Realist - eine ähnlich aussehende Tafel angebracht, auf der stand, dass es sich um kein Kulturgut handle und dieses Haus ruhig zerstört werden könne.

In der Realität scheren sich ja leider Fanatiker oder ohne Rücksicht auf Verluste Krieg Führende nicht im Geringsten darum, welche Objekte mit irgendwelchen weiß-blauen Tafeln gekennzeichnet oder gar zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Die Kämpfer des Islamischen Staates (IS), die gerade in den antiken Anlagen des syrischen Palmyra wüten und dort auch den führenden Archäologen Khaled al-Assad bestialisch ermordet haben, sind sogar fokussiert darauf, alles in ihren Augen "unislamische" Kulturgut total auszuradieren.

Wie der Konvention zum Schutz von Kulturgut sind viele Staaten auch der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten, die definiert, wann ein Mensch als Flüchtling anzuerkennen und wie er zu behandeln ist. Westlichen Staaten wie Österreich wird kaum jemand den Vorwurf machen, dass sie die Haager Konvention verletzen. Aber mit der Einhaltung der Genfer Konvention tun sie sich derzeit offensichtlich sehr schwer. Solche Konventionen sollen aber gerade in Krisenzeiten Wirkung entfalten, sonst offenbaren sie - und noch mehr die Unterzeichnerstaaten - ihre traurige Ohnmacht.