Betriebsrat hat große Vorbehalte gegen Mutter GM. | Europaweite Warnstreiks geplant. | Rüsselsheim/Detroit/Wien. Die Gräben brechen wieder auf. Am Tag nach der Entscheidung von General Motors (GM), die Tochter Opel selbst sanieren zu wollen und nicht an Magna und Sberbank zu verkaufen, trat die Ablehnung der Opel-Arbeitnehmer gegenüber dem Mutterkonzern wieder offen zu Tage. Der sehnliche und auf zahlreichen Kundgebungen geäußerte Wunsch der Opel-Belegschaft, sich von GM zu trennen, hat sich in Nichts aufgelöst. | Dossier: Opel bleibt amerikanisch | Leitartikel: Der Atlantik als Graben | General Motors wagt den riskanten Alleingang | Harter Schlag für Russlands Autoindustrie | Eine Pleite für die deutsche Regierung | Magna war Hoffnungsschimmer
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Doch der Betriebsrat ist kampfeslustig: Gemeinsam mit den Gewerkschaften rief er zu Warnstreiks ab dem heutigen Donnerstag auf. "Die Veranstaltungen beginnen in Deutschland und werden sich auf ganz Europa ausdehnen", kündigt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz an. Ob das tatsächlich passiert, ist aber fraglich. Die Deutschen könnten nämlich alleine bleiben. Die Standorte Bochum, Kaiserslautern und Antwerpen seien nun "akut gefährdet", meint Franz. In Belgien selbst sah man die Lage nicht ganz so düster - schließlich war das Werk Antwerpen auch im Magna-Konzept ein heißer Schließungskandidat.
Die Gewerkschaft im ungarischen Werk Szentgotthard überlegt eine Teilnahme am Warnstreik noch, die polnische Gewerkschaft sieht die Zukunft für das Werk in Gleiwitz nun optimistischer als nach einer möglichen Übernahme durch Magna. Der Gesamtbetriebsrat betont unterdessen die über Jahrzehnte gewachsene, europaweite Solidarität unter den Arbeitnehmern des Konzerns.
Scheitern könnte für Magna ein Vorteil sein
Die geplanten Warnstreiks sind allerdings rechtlich umstritten. Da nicht etwa gegen eine Werksschließung, sondern gegen einen Nicht-Verkauf und damit gegen eine Unternehmensentscheidung gestreikt wird, ist die juristische Legitimität der Proteste nicht geklärt.
Im Gegensatz zur Reaktion der Gewerkschaften nahm der abgewiesene Interessent Magna die Entscheidung einigermaßen locker zur Kenntnis. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Siegfried Wolf äußerte sein "Verständnis" für die Entscheidung von GM. "Wir werden Opel und GM in den künftigen Herausforderungen weiter unterstützen", meinte er in einer Aussendung. Für Magna könnte das Platzen des Deals sogar zu einem Vorteil werden, sind Branchenexperten überzeugt. Magna vermeide es nun, sich gravierende Probleme mit seinen Kunden einzuhandeln (zu denen an vorderster Stelle General Motors und Opel zählen). Die Unabhängigkeit als Zulieferer gegenüber den Autoproduzenten bleibe gewahrt.
Opel hingegen findet sich wieder mitten im Überlebenskampf, der wohl nur mit Hilfe der Arbeitnehmer zu gewinnen ist. "Wir werden auch weiterhin nicht davor weglaufen können, uns zu beteiligen", sagt der Betriebsratschef des Bochumer Werks, Rainer Einenkel. Die Lust auf ein Entgegenkommen gegenüber GM ist bei den Gewerkschaften aber sehr beschränkt.
"Wir haben schnell entschieden, auf eine harte Linie zu gehen", sagte IG-Metall-Sprecherin Simone Ebel-Schmidt zur "Wiener Zeitung". Das Misstrauen gegenüber der Mutter GM sei groß: "Die Menschen bei Opel wissen auch, was in den vergangenen zwei Jahrzehnten alles falsch gemacht wurde." Das bisherige GM-Sanierungskonzept lehnt der Betriebsrat ab. Der einzige akzeptable Ausweg für die Gewerkschaft sind ein Verhandlungsangebot des Mutterkonzerns und eine Überarbeitung des Sanierungskonzepts.