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"Die Optik ist natürlich saublöd"

Von Walter Hämmerle

Politik

Steininger über seine Rolle im Eurofighter-Deal. | "Airchief Wolf ein Bauernopfer". | Anwalt Nödl für U-Ausschuss-Reform. | "Wiener Zeitung": Herr Steininger, für die Medien sind Sie die undurchsichtige, zwielichtige Figur im Prozess der Eurofighter-Beschaffung.


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Erhard Steininger: Das ist die alte Mystifizierung einer Person, die im Verteidigungsbereich geschäftlich tätig ist. Schon allein die Bezeichnung Lobbyist ist Unsinn. Ich und meine Branchenkollegen sind keine Lobbyisten. Wir sind Berater der diversen Industrien und Herstellerfirmen. Unsere Wirkung ist in erster Linie nach innen gerichtet, denn wenn Sie die Beschaffungsvorgänge im Bundesheer oder im Verteidigungsministerium - leider sind sie viel zu wenig bekannt - kennen würden, dann würden Sie rasch feststellen, dass man hier mit Lobbyismus der üblichen Art überhaupt keine Chance hat, einen Beschaffungsvorgang zu beeinflussen.

Welche Rolle haben Sie bei der Eurofighter-Beschaffung gespielt?Steininger: Meine Aufgabe war die Beratung der Firma EADS, und zwar primär nach innen, da EADS bisher so gut wie nicht auf dem österreichischen Markt aufgetreten ist. EADS hatte keine Ahnung von den entsprechenden Abläufen, teilweise ist auch der Sprachgebrauch ein anderer. Gerade Deutsche brauchen des öfteren einen Dolmetscher, um eine österreichische Ausschreibung zu lesen oder die Ausdrucksweise zu verstehen. Wenn etwa bei uns die Beamten im Ministerium erklären Na ja, des hätt ma schon gern so, dann ist das als absolutes Muss zu verstehen, während Deutsche dahinter oft nur einen frommen Wunsch erkennen.

Zwei ranghohe Militärs, Airchief Erich Wolf und der Chef des Heeres-Abwehramtes, Erich Deutsch, sind aufgrund ungebührlicher Nähe zu Ihnen von ihren Ämtern suspendiert worden.Steininger: Der Fall Deutsch kann eigentlich nur politisch motiviert sein. Deutsch gehört zu meiner Familie (seine Frau ist eine Cousine Steiningers; Anm.) und es kann sicher nicht systemschädigend sein, wenn ich mit ihm und seiner Frau Skifahren gehe. Eine abwegige Schlagzeile lautete damals: Ganz Österreich sucht Steininger - und der Deutsch geht mit ihm Skifahren.

Andreas Nödl: Eine Klarstellung zum Begriff suchen. Im Verfahren eines Untersuchungs-Ausschusses gib es keine Anwesenheitspflicht. Steininger ist daher völlig frei, sich inner- und außerhalb Österreichs zu bewegen. Der Sorgfaltspflicht entsprechend hat er für die Zeit seiner Abwesenheit von seinem Wohnort eine Postabwesenheitserklärung abgegeben.

Apropos Sorgfaltspflicht: Angesichts der Aufregung, wäre es da nicht klüger gewesen, nicht mit dem Chef des Heeres-Abwehramtes auf Urlaub zu fahren?Steininger: Soll ich darauf verzichten, meine Familie zu sehen? Was stellt sich der Doktor Pilz vor? Wir hatten diesen Urlaub bereits im Herbst geplant und außerdem hatte Deutsch mit der Beschaffung der Eurofighter nicht das geringste zu tun.

Mit Generalmajor Erich Wolf stolperte ausgerechnet der vehementeste Eurofighter-Befürworter im Bundesheer über die Nähe zu Ihnen ...Steininger: . . . der Wolf ist ein Bauernopfer. Dass er aber als fachkundiger Flieger für das beste Gerät votiert, ist für jeden Fachmann verständlich.

... Sie sind auch Trauzeuge des Ehepaares Wolfs ...Steininger: . . . nur von Anna Maria Frühstück-Wolf, sie hat mich dazu auserkoren. Ich kenne sie sehr viel länger als ihn.

Sie haben der Firma von Frau Wolf 73.000 Euro (87.600 minus Umsatzsteuer; Anm.) im Dezember 2002 ohne bisher erfolgte Gegenleistung überwiesen. Dadurch entstand der Eindruck einer finanziellen Zuwendung an die Gattin eines hohen Militärs, der Mitglied in der Bewertungskommission war.Steininger: Mein Wissensstand war, dass Anna Maria Frühstück-Wolf zu diesem Zeitpunkt alleinige geschäftsführende Gesellschafterin war. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie Generalmajor Wolf an dieser Firma beteiligt war. Für mich war es immer ihre Firma. So hat man mir das dargestellt und so habe ich das akzeptiert. Zusätzlich war das geraume Zeit nach der Empfehlung der Bewertungskommission und nach der Typenentscheidung durch den Ministerrat. Und schließlich kann ich mir nicht vorstellen, dass man einen aufrechten Offizier wie Wolf in irgendeiner Weise beeinflussen kann.

Nödl: Man darf auch eines nicht übersehen: Wolf war einer von 33 in dieser Bewertungskommission. Seine Rolle wird bei weitem überschätzt.

Wie bewerten Sie die Optik?Steininger: Die Optik ist natürlich saublöd, weil jeder sofort Bestechung und Schiebung hinein interpretiert, auch wenn es völlig absurd ist. Aber die Optik ist so, weil sie auch so dargestellt wird, etwa seitens des Ausschussvorsitzenden und anderer Ausschuss-Mitglieder, die dann wiederum die Medien entsprechend informieren. Ein reineres Geschäft, und das kann ich mit Überzeugung sagen, als diese Eurofighter-Beschaffung kann es nicht geben.

Es ist auffällig - zumindest nach dem, was bisher bekannt ist -, dass Sie vor allem Personen aus dem FPÖbzw. heute BZÖ-nahen Umfeld mit finanziellen Aufträgen bedacht haben. Der größte Brocken ist der Auftrag an die PR-Firma der Rumpolds in der Höhe von 7,8 Millionen brutto.Steininger: Ich habe die Rumpolds von Saab abgeworben, als ich von EADS gebeten wurde, eine PR-Firma ausfindig zu machen. Dass EADS in das Bieterrennen einsteigt, war ja nicht langfristig geplant. Ich hab mir einfach gedacht: Wenn die für die Schweden gut genug sind, dann sind sie das für EADS auch. Wir haben uns dann getroffen und sind uns rasch einig geworden. Dass Rumpold mit EADS oder mit mir mehr verdient hat als mit Saab, mag schon sein, aber das war nicht störend. Für EADS waren die Beträge im Rahmen und ich hatte damit keine Erfahrung.

Es liegt im Dunkeln, was die Rumpolds mit dem Geld machten. Gab es keinen Leistungskatalog?Steininger: Natürlich gab es zu Beginn einen Leistungskatalog, später hat sich das nach Bedarf entwickelt und musste kurzfristig entwickelt werden. Herr und Frau Rumpold haben offensichtlich mit uns ein gutes Geschäft gemacht, das kann ich ihnen heute nicht übel nehmen.

Das Rumpold-Engagement hat auch eine parteipolitische Dimension.Steininger: Ich bin kein politischer Mensch, mir waren parteipolitische Hintergründe vollkommen egal.

Aber in Ihrer Rolle als Dolmetscher für EADS muss Ihnen doch klar gewesen sein, dass die kleinere Regierungspartei FPÖ dem Kauf von Eurofightern ablehnend gegenüberstand - und Gernot Rumpold dieser Partei mehr als nahe stand.Steininger: Weder Herr noch Frau Rumpold haben zu irgendeinem Zeitpunkt im Zuge unserer Geschäftsanbahnung eine politische Komponente ins Gespräch gebracht wurde. Mir war nicht bewusst, dass Rumpold damals noch eine größere Rolle in der FPÖ gespielt hätte, er hatte sich damals ja mit Jörg Haider überworfen. Dass er dennoch sehr viele Freiheitliche kannte, war anzunehmen, doch das war mir egal, ich wollte eine PR-Firma.

Mehr als drei der 7,8 Millionen wurden mündlich vereinbart.Steininger: Das hat sich so entwickelt, das wurde - auch nach dem Bedarf der Leute aus Deutschland, die Wünsche geäußert haben - Stück für Stück vereinbart. Die Firma war 24 Stunden für uns ansprechbar.

Laut eigener Auskunft betrug der Gewinn der Rumpolds aus dem Auftrag satte 3,2 Millionen Euro.Steininger: Das belastet mich nicht. Die Rumpolds sind gute Geschäftsleute und ich nicht neidig.

Wie fällt Ihre Bilanz des U-Ausschusses aus?Steininger: Der Ausschuss war ein reines Polit-Theater, nichts anderes. Man wollte die vorherige Regierung prügeln und hat das auch ausgespielt.

Nödl: Ein parlamentarischer U-Ausschuss hat die Geschäftsführung der Bundesregierung zu untersuchen; er ist weder ein Zivilgericht, wo Vertragsausstiegsgründe zu bewerten sind, noch ein Strafgericht, wo strafbare Handlungen zu untersuchen sind. Das wird wohl auch der Grund sein, warum in der Konzeption der Verfassung ein U-Ausschuss doch ein relativ zahnloses Instrument ist, eben weil es nur um politische Verantwortung geht. Was die Arbeit im Ausschuss besonders erschwert hat, war die sehr stark parteipolitisch gefärbte Vorsitzführung von Pilz.

Steininger: Dazu kommt auch die ausgeprägte Vorstellung von Pilz, dass ein Geschäft dieser Größenordnung absolut nicht ohne Schmiergeld, Parteienfinanzierung und andere Untaten ablaufen kann.

Nödl: Die jetzige Konstruktion von U-Ausschüssen bedingt, dass es keine Trennung von Untersuchenden und Richtern gibt. Diese Konstruktion haben wir vor Gericht Gott sei Dank längst überwunden. Es dürfen eben keine Eingriffe in Grundrechte stattzufinden, um etwa Oppositionspolitik zu betreiben. Bei diesem Ausschuss gab es viele verzerrte Wahrnehmungsebenen, aber die Objektivität blieb oft auf der Strecke. Für die Zukunft sehe ich Reformbedarf beim Grundrechtsschutz, dies könnte etwa dadurch geschehen, dass ausdrücklich betont wird, dass es sich beim U-Ausschuss um ein politisches Instrument handelt. Ich finde es bestürzend, wie im letzten Halbjahr dieses Instrument durch die Vorsitzführung von Pilz massiv beschädigt wurde. Für mich ist klar, dass man auch an der Qualifikation künftiger Vorsitzender ansetzen muss.

Was haben Sie am Eurofighter verdient?Steininger: Da dürfen Sie beim Finanzministerium nachfragen, ich habe nämlich alles versteuert. Ich bin überzeugt, der Minister hat seine Freude mit mir gehabt.

Zu den Personen

Erhard Steininger , 1938 in Wien geboren, besuchte erst die Militärakademie und studierte dann Chemie. 1964 übernahm Steininger die Geschäftsführung von Bofors Austria. 2001 übernahm er die Beratertätigkeit für den Eurofighter-Konzern EADS. Mittlerweile ist Steininger in Pension.

Andreas Nödl (42) ist Partner bei der Wiener Kanzlei Spohn, Richter & Partner. Bekannt geworden ist er durch die Vertretung von Maria Altmann im Restitution-Streit um Klimt-Bilder.