)
Der hiesige Sozialstaat wächst viel schneller als die ihn finanzierende Wirtschaft. Das kann nicht ewig gut gehen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Österreich, so urteilte die renommierte und eher unaufgeregte "Neue Zürcher Zeitung", lebt finanziell "immer ungenierter über seine Verhältnisse". Eine Behauptung, die recht hart mit dem bei uns relativ parteiübergreifend verankerten Konsens kollidiert, wonach die Republik "eines der wohlhabendsten Länder der Welt" sei. Was, wenn man die Wirtschaftsleistung pro Kopf der Bevölkerung zum Maßstab nimmt, ja auch statistisch zu belegen ist.
Leider deutet immer mehr darauf hin, dass die pingelige Diagnose des Schweizer Blattes trotzdem durchaus fundiert ist. In nahezu allen jüngeren Rankings, Statistiken und Umfragen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und vor allem zur Zukunftstauglichkeit des Standortes Österreich zeigt sich nämlich die gleiche Tendenz: nach unten.
Gleichzeitig explodiert die Arbeitslosigkeit, während sie etwa in Deutschland gesunken ist. Österreichs Wirtschaft wächst praktisch nicht mehr, und das Land ist nur noch bei der Inflationsrate mit an der Spitze der Eurozone. Die Zeiten, da Österreich als "das bessere Deutschland" bewundert wurde, sind wohl endgültig vorbei. "Wir verlieren tagtäglich an Boden", warnte erst jüngst Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung. Andere gewichtige Unternehmer mahnen ebenso regelmäßig wie erfolglos eine wirtschaftliche Fitnesskur für Österreich ein. Dass etwa die Steuerreform 2015/16, so sie überhaupt zustande kommt, der Wirtschaft Flügel verleihen wird, ist leider kaum zu erwarten.
Während so jenes wirtschaftliche Fundament, auf dem nicht zuletzt auch der komfortabel ausgebaute Sozialstaat ruht, an Tragkraft verliert, wachsen die diversen Transferleistungen des Bundes weit stärker an, als es der Wirtschaftskraft des Landes angemessen wäre. So stiegen die Staatsausgaben für Transferleistungen seit 2000 um durchschnittlich fast 4 Prozent pro Jahr, während die Wirtschaft im selben Zeitraum gerade um 1,6 Prozent jährlich wuchs und auch die Inflationsrate deutlich unter 2 Prozent lag. "Seit 2000 steigen die Sozialausgaben im Schnitt doppelt so stark wie das Wirtschaftswachstum," staunte da die "Neue Zürcher Zeitung".
Diese Fakten als "immer ungenierter über seine Verhältnisse leben" zu charakterisieren, trifft den Kern des Problems leider punktgenau. Unter den Wählern ist zwar das eher diffuse Wissen um den (noch) recht hohen Wohlstand des Landes felsenfest verankert - das genauso unbestreitbare Faktum, dass der Sozialstaat viel schneller wächst als die ihn finanzierende Volkswirtschaft, wird hingegen weitgehend ignoriert.
Das liegt natürlich in erster Linie daran, dass die Politik diesen Tatbestand ökonomischer Hochstapelei nicht gerne an die große Glocke hängt. Denn es ist politisch lebensgefährlich, den logisch naheliegenden Schluss, dass Wirtschaftswachstum einerseits und Wachstum der staatlichen Leistungen an die Bürger andererseits eher früher als später in Einklang gebracht werden müssen, laut auszusprechen.
Und so leben wir auch weiterhin fröhlich in einer Art "Österreich-Blase", in der alles ganz super ist und die teils kreditfinanzierte Wohlstandsillusion vom beliebig ausweitbaren fürsorglichen Subventions- und Sozialstaat am Leben erhalten wird. Solange es halt geht.