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Anstatt die vergangene Regierungsarbeit als Ausgangspunkt für die weitere Politik zu nehmen, stellt die ÖVP die gesunde Basis pauschal in Frage.
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Die ÖVP hat offenbar beschlossen, sich in diesem Wahlkampf als Oppositionspartei zu positionieren. Anstatt die vergangene - erfolgreiche - Regierungsarbeit als Ausgangspunkt für die weitere Politik und (ja, auch das im Wahlkampf) durchaus spitz formulierte Forderungen zu nehmen, stellt die ÖVP gleich die gesunde Basis der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs pauschal in Frage. Und das, obwohl sie selbst seit 1987 ununterbrochen in der Regierung sitzt. Im wahlkampftaktischen Überschwang wird also gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Anstatt als Partei Wählerinnen und Wähler mit Forderungen und Vorschlägen für die Zukunft zu gewinnen, versucht die ÖVP mit Negativpropaganda - ja was eigentlich? Vielleicht, um eben von den eigenen mangelnden Zukunftsideen abzulenken? Davon, dass sie beispielsweise für das Bildungssystem kein Zukunftskonzept hat, keine Antwort auf die Frage wie Chancengleichheit garantiert werden kann?
Um es kurz zu rekapitulieren: Auf die Fekter-"Studie" zu angeblichen Firmenabwanderungen - peinlich, wenn selbst genannte Firmen diese Abwanderung dementieren - folgten die Aussagen von WKÖ-Präsident Christoph Leitl und Finanzministerin Maria Fekter, die Österreich als "abgesandelt" und den heimischen Standort als "ramponiert" diskreditieren. Die Fakten sprechen hier allerdings eine andere Sprache: Österreich hat die niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa, die zweitbeste Wirtschaftskraft und ein besseres Wachstum als der Durchschnitt der Eurozone. Zum zwölften Mal in Folge entwickelt sich die Wirtschaft in Österreich besser als in der Eurozone, die Warenexporte sind auf einem Allzeithoch, seit über 30 Jahren gab es nicht mehr so viele Betriebsansiedelungen wie zwischen 2010 und 2012, und von 2009 bis 2013 wurden zusätzlich weit über 100.000 Arbeitsplätze geschaffen
Was bezweckt also die ÖVP mit dem von ihr skizzierten Horrorszenario? Ablenkung? Oder versucht sie schon für folgendes Szenario vorzubauen: Laut ÖVP ist Österreich "abgesandelt", daher braucht es - denkt man diese Argumentation logisch fort - einschneidende Maßnahmen. Welche diese sind, hat die ÖVP bereits in den letzten Wochen skizziert: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen länger arbeiten, das Pensionsantrittsalter für Frauen soll angehoben und Privatisierungen sollen durchgeführt werden. Im Gegenzug gibt es Steuervergünstigungen für Reiche und eine massive Senkung der Staatsausgaben - die üblichen Vorstellungen von Umverteilung à la ÖVP, nämlich von unten nach oben.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits die Lasten der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tragen haben, die sie nicht verschuldet haben, sollen also darauf eingestimmt werden, den Gürtel enger zu schnallen. Sie sollen länger arbeiten für weniger Geld, weniger Leistungen vom Staat in Anspruch nehmen können und später in Pension gehen - für die ÖVP ist die Hauptsache, dass die Wirtschaft "entfesselt" ist.