Die Sorge um die künftige Pension treibt tolle Blüten. Neben Pensionskassen, Zusatzversicherungen, Pensionsinvestmentfonds und allerlei anderen Vorsorgemöglichkeiten bietet sich an vielen | Ecken der Stadt ein Zukunftsmodell der besonderen Art an: die Vorsorgewohnung. Immobilien sind in, und das verlockende Angebot, Erspartes in Immobilien zu investieren, um daraus dereinst ein Zubrot | zum Lebensabend zu lukrieren, ist kaum zu überbieten. Sind Vorsorgewohnungen also ein Problemlöser für jene Bürger, die ihrer finanziellen Zukunft mit Pessimismus entgegensehen?
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Die Idee ist nicht neu, und sie ist eine Investition in die Zukunft, die kaum weniger spekulativ und risikobehaftet ist, wie eine Veranlagung in Aktien oder in Fonds. Man errichtet als Bauherr
eine Eigentumswohnung, besser gesagt: Man läßt die Wohnung für eigene Rechnung und auf eigenes Risiko errichten.
Voraussetzung:
seriöser Partner
Dazu bedarf es eines ausgeklügelten Systems und eines in diesen Dingen erfahrenen Bau-Partners. Denn die Stellung eines Bauherrn wird von steuerlichen Bestimmungen genau geregelt, und eine falsche
Weichenstellung macht das ganze Projekt nicht nur unattraktiv, sondern geradezu zum Flop.
Diese Angst ist im Regelfall unbegründet, denn das Konzept der Vorsorgewohnung ist ja von diesem Partner · häufig eine Bank, deren Tochtergesellschaft oder ein sonstiger professioneller Bauträger ·
von vornherein total durchgestylt. Vom Bauplatz bis zu den involvierten Bauprofessionisten, von der Bauabwicklung bis zur Finanzierung, vom künftigen Wohnungsmanagement bis zu den vom Bauherrn
erhofften Mieteinnahmen ist alles genau vorgeplant.
Wenig Arbeit
für den Bauherrn
Tatsächlich gibt der Bauherr mit seiner Unterschrift unter einen Berg Vollmachten und Verträge (für Grundkauf, Bauerrichtung, Baumanagement, künftige Verwaltung und Vermietung) den ganzen Wust an
Betreuungsarbeiten an den Partner ab und kümmert sich erst wieder darum, bis ihm die Fertigstellung des Projekts signalisiert wird.
Natürlich ist der Finanzierungsplan und die auf Jahre hinaus ausgeklügelte Rentabilitätsrechnung das Grundgerüst der Investition. Bei Einstieg in die Objekterrichtung wird vom Bauherrn im Regelfall
bloß der Grundanteilskauf und ein angemessener Eigenmittelanteil verlangt, allenfalls noch eine Summe für die planerische Projekt-Reifmachung. Die Restfinanzierung besorgt wiederum der Partner: die
Bank, ihre Tochter oder der private Bauträger, der eine Bank im Schlepptau mit anbietet.
Keine hundert-
prozentige Garantie
Über die Bauabwicklung hinaus bietet der Partner aber noch einen Zusatzservice an, der der Immobilie zusätzliche Attraktivität einhaucht und dem künftigen Wohnungseigentümer das Gefühl vermittelt,
daß er sich um nichts zu kümmern braucht, vom regelmäßigen Mietenzufluß abgesehen. Der Partner bietet das Wohnungsmanagement (die Verwaltung) und eine zusätzliche Vermietungsgarantie an.
So hundertprozentig kann diese Garantie natürlich auch wieder nicht sein, denn niemand kann für alle Zukunft ein totales Versprechen abgeben. Der Unsicherheitsfaktor ist die Höhe der zu erzielenden
Miete, weil diese letztlich vom Wohnungsmarkt und vom Vorhandensein zahlungswilliger Mietinteressenten abhängt. Aus diesem Grund versucht jeder Partner aus den von ihm verwalteten Wohnungen eine Art
Vermietungspool zu machen, um Unterschiedlichkeiten des Wohnungsmarktes auszugleichen und das Sortiment des Wohnungsangebotes zu verbreitern. Dazu gehört auch, daß Vorsorgewohnungen in
unterschiedlichen Wohnlagen und unterschiedlichen Größen initiiert werden, wobei die dem Single-Trend entsprechenden Kleinwohnungen sowie Mittelwohnungen im Vordergrund stehen.
Attraktive
Steuervorteile
Wann beginnt der Euro ins Geldbörserl des künftigen Pensionisten zu rollen? Zunächst gilt es eine Reihe von Verlustjahren zu überdauern, in denen die vom Partner verrechneten Vorplanungs-,
Beratungs-, Vermittlungs- und Finanzierungskosten verkraftet werden müssen, vor allem die Kreditzinsen, die für die aufgenommenen Fremdmittel periodisch anfallen. Die Kredittilgung selbst wird im
Regelfall aufgeschoben und auf den Zufluß der erwarteten Mieteinnahmen abgestimmt.
Das besondere Attraktive an der Vorsorgewohnung ist natürlich die steuerliche Seite. Die ernsthafte spätere Vermietungsabsicht vorausgesetzt, erspart sich der Bauherr gegenüber anderen privaten
Wohnungserrichtern gut ein Sechstel der Baukosten: er erhält nämlich die in den Bau kosten enthaltene Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück.
Auch die anfänglichen Verlustjahre verheißen Steuervorteile. Durch Aufrechnung der Verluste mit anderen Einkünften (etwa aus Gewerbebetrieb, Freiberuf oder Dienstnehmerbezügen) lassen sich günstige
Steuerkonstellationen erzielen, was freilich voraussetzt, daß diese anderen Einkünfte auch ausreichend genug sind, um die Anlaufverluste aus der Immobilie "aufzusaugen". Womit wiederum der Kreis der
künftigen Vorsorger relativ eingeschränkt wird.
Plausibler
Gesamtüberschuß
Das Vermietungskonzept muß natürlich auch dem Finanzamt passen. Der Bauherr und künftige Wohnungseigentümer muß von Anfang an kundtun, daß er die Absicht hat, die Immobilie fremd zu vermieten.
Ferner muß er für eine absehbare Zeit · etwa für die kommenden 20 Jahre · zumindestens auf dem Papier prognostizieren, daß er mit seiner Immobilie letztlich einen "Gesamtüberschuß" aus der
Investition erwartet. Daß man die schöne Wohnung dann doch nach zehn Jahren (nach Ablauf der Spekulationsfrist) günstig veräußert (soferne dies die Marktverhältnisse zulassen), gar selbst bezieht
oder den Enkelkindern vermacht, schadet nicht.
Risiken der
Vorsorgewohnung
Das Vorsorgemodell hat · einen seriösen Partner vorausgesetzt · also durchaus positive Seiten, freilich auch Risiken. Die Höhe der in ferner Zukunft zu erzielenden Mieteinnahmen, die ja als Zubuße
zur staatlichen Pension erhofft werden, ist kaum völlig abzusichern. Das Risiko, daß die Finanz mangels plausibler Überschußrechnung das Modell doch noch zum Liebhabereiobjekt abstempelt (mit
spürbaren steuerlichen Nachbelastungen) ist latent. Das Risiko jedes Hausherrn, nämlich die Art der Mieter und die von ihnen verursachten Negativfolgen, ist ebensowenig zu vermeiden, wie das Ausmaß
der niemals vorhersehbaren Verschleißreparaturen und Instandsetzungsinvestitionen. Zwischen dem erhofften Zuschuß zur Pension und dem nötigen Zuschuß aus der Pension kann es auch eng werden.