Die Karten sind auf dem Tisch, die Premieren der Salzburger Festspiele gelaufen. Zumindest im Bereich Oper. Die künstlerische Bilanz über die aktuellen Musiktheaterprojekte des Festivals fällt dabei alles andere als euphorisch aus. | Die Zutaten für die eine, perfekte Opernproduktion waren durchaus vorhanden. Sie hätten sogar für mehr als nur eine gereicht. Doch sie waren auf mehrere Produktionen verteilt. Wolfgang Rihms "Dionysos" zum Auftakt war immerhin eine der raren Uraufführungen. Der intensive Abend mit Nietzsche-Textfetzen erwies sich eher als aufdringlich denn als eindringlich. Beeindruckend war die musikalische Umsetzung von Dirigent Ingo Metzmacher.
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Übersichtlich auch die Vorzüge von Glucks "Orfeo": zu finden nämlich im Sänger-Trio. Dass sich dieses durch die altväterische Barock-Sachwalterschaft Riccardo Mutis - die sich auch szenisch spiegelte - nicht in den Schlaf dirigieren ließ, ist dabei besonders hervorzustreichen. Alban Bergs "Lulu" wiederum erkühnte sich, solch gediegenen Festspiellack provokant aufzurauen. Doch waren Vera Nemirovas Ideen (abgesehen von geglückten Details) dann doch eher grobschlächtiger Natur.
Auch die vierte und letzte Neuproduktion, Richard Strauss "Elektra", hatte erhebliche Schwächen. Die Wiener Philharmoniker bewiesen unter Daniele Gatti ihren Spitzenruf. Leider jedoch als Symphonieorchester, denn sie spielten die Sänger an die Wand. Regie gab es so gut wie keine.
Die beste szenische Umsetzung fand sich bei der Wiederaufnahme von Mozarts "Don Giovanni". Claus Guth hat sein mutiges Konzept verfeinert, die Sänger sind ein Ensemble, das Dirigat von Yannick Nézet-Séguin ist immerhin umsichtig. Die zweite Runde von Gounods "Roméo et Juliette" (Premiere war auch 2008) brachte mit Anna Netrebko und Piotr Becza³a große Namen. Die hielten zwar, was ihr Ruf versprach, waren jedoch in einen akustisch und optisch harmlosen Kostümschinken eingebettet.
Der Regisseur der Produktion A, der Dirigent von B mit dem Orchester von C und die Sänger von D und E: Die perfekte Oper blieb ein komplexes Puzzlespiel der Fantasie. Als famoser Jahrgang wird dieser Sommer nicht in die Festspiel-Annalen eingehen. Außer als der letzte unter der Intendanz von Jürgen Flimm.