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Wenn es darum geht, wie lange Männer und Frauen täglich arbeiten, sind die Geschlechter gleichgestellt - Frauen arbeiten aber den weitaus größeren Teil unbezahlt. Dabei bildet die Arbeit ohne Lohn - also die Versorgung von Haushalt, Garten, Kindern, Alten und Kranken - die Basis unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Aber auch in der bezahlten Arbeitswelt herrscht eine Teilung vor: Frauen stellen nach wie vor den überwiegenden Anteil in Erziehung und Pflege, während am Bau und in der Industrie vorwiegend Männer tätig sind.
Und wenn Frauen für ihre Arbeit bezahlt werden, dann überwiegend schlechter. Österreicherinnen verdienen überdurchschnittlich weniger als Österreicher. Der Gender Pay Gap, also das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern - Karenz und Teilzeit nicht berücksichtigt -, liegt hierzulande bei mehr als
20 Prozent. Frauen steht also generell weniger Geld zur Verfügung, und sie partizipieren nicht im selben Maße wie Männer an der Wirtschaft. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass Frauen häufiger unbezahlte Pflege- und Hausarbeit leisten und Berufe mit hohem Frauenanteil häufig generell schlechter bezahlt werden. Zum Beispiel Pflege.
Der überwiegende Anteil an Hilfs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen wird in Österreich einerseits von Familienangehörigen erbracht. Davon werden zwei Drittel von Frauen übernommen. Sie stecken bei der bezahlten Arbeit zurück, um lebensnotwendige unbezahlte Arbeit zu leisten.
Aber auch in der bezahlten Fürsorge stellen Frauen den Großteil der Arbeitskräfte. Dieser unersetzlichen Knochenarbeit mangelt es aber an Sichtbarkeit, Wertschätzung und würdiger Entlohnung.
Der fortschreitende Mangel an ausgebildetem Personal ist programmiert. Denn die Zahl der pflegebedürftigen Personen steigt und die der pflegenden Angehörigen schwindet.
Dabei schafft Pflege sehr viel Wert - auch wirtschaftlich.
Und es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, in Sozialfürsorge zu investieren. Eine Investition von
2 Prozent der Wertschöpfung eines Landes würde zu einem derartigen Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum führen, dass sich die Ausgaben nach einigen Jahren amortisieren und überdies die Diskrepanz der Beschäftigungsquote zwischen Männern und Frauen ausgleichen würden, sagt die feministische Ökonomin Diane Perrons im Interview mit der "Wiener Zeitung".
Die Geschlechterperspektive in Ökonomie und Politik bewusst einzubinden bedeutet auch, wichtige Einsichten und Perspektiven zu gewinnen, die der Mainstream-Ökonomie, die Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Ethnie und Behinderung so gut wie nicht berücksichtigt, abgehen.