Einen österreichischen Verfassungskonvent analog zum europäischen Vorbild schlägt der steirische ÖVP-Bundesrat Herwig Hösele vor. Dieser solle sich die Entwicklung eines "Masterplan für Österreichs Staatsaufbau im 21. Jahrhundert" zum Ziel setzen und so einen Ausweg aus der festgefahrenen Diskussion rund um eine umfassende Staatsreform weisen. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" beweist der VP-Bundesrat eine positive Sicht des Sisyphus. Denn an dessen Schicksal gemahnt die Diskussion rund um die Staatsreform.
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"Man muss den Stein immer wieder nach oben rollen", begründet Hösele seinen Vorschlag eines österreichischen Verfassungskonvents nach Vorbild der Europäischen Union, der der Diskussion rund um eine Erneuerung des österreichischen Staatsgefüges neuen Schwung verleihen soll. Gerade im Hinblick auf die Staatsreform habe man eben "die Pflicht, ein Optimist zu sein".
Dass derzeit in dieser Hinsicht nur wenig bis gar nichts weitergeht, erklärt er mit dem Hinweis, dass die derzeitige Bundesregierung über keine Zweidrittel-Mehrheit für Verfassungsänderungen im Nationalrat verfügt. Die Schaffung eines solchen Konvents hätte daher den Vorteil, dass grundsätzliche Reformideen - etwa die Frage eines Mehrheitswahlrechts, die Kompetenzbereiche von Bund, Ländern und Gemeinden oder die Rolle von National-, Bundesrat und Landtagen in einem zusammenwachsenden Europa - abseits der allzu hektischen Tagespolitik und ihrer parteipolitischen Zwänge diskutiert werden könnten. Vielleicht ist es ja tatsächlich einmal nicht mehr nötig, dass EU-Recht in Österreich gleich zehn Mal, nämlich vom Nationalrat und 9 Landtagen, umgesetzt werden müsse. Hösele will dies aber nicht mit einer Abschaffung der Länder verwechselt wissen, vielmehr gehe es um eine Neuordnung von Kompetenzen. Die Länder seien als Identitätsstifter für Österreich unersetzbar.
Die Einigung über Parteigrenzen wäre so vielleicht um einiges leichter. Insbesondere der Opposition könnte ein solches Modell die Zustimmung zu Reformen der Staatsorganisation und Aufgabenverteilung erleichtern. In der Vergangenheit habe hier die Große Koalition für einen Zustand der "politischen Lähmung" gesorgt, der auch von der derzeitigen Regierung nur teilweise beseitigt werden konnte.
In der praktischen Umsetzung schwebt Hösele ein breites Diskussionsforum vor, das sämtliche Themen aufgreift, die "auf der Straße liegen". Hier sollen sämtliche Verfassungsinstitutionen und relevanten Interessensvertretungen einen Platz haben. Daneben bedürfe es aber unbedingt eines effizienten und trotzdem ausgewogenen Steuerungsgremiums für den Konvent, das höchstens 25 Personen umfassen soll.
Dass ein solches Unterfangen keine schnellen Ergebnisse liefern kann, ist Hösele klar: Er rechnet mit einem mehrjährigen Diskussionsprozess, der wohl frühestens in der Mitte der nächsten Legislaturperiode - also etwa 2005 - zu Entscheidungen führen wird.