Haut kann BPA in Supermarkt-Kassazetteln aufnehmen. | Forscher warnen vor Schädigungen an Schwangeren. | Wien. Gleich zwei wissenschaftliche Arbeiten rücken die umstrittene, allgegenwärtige Plastikchemikalie Bisphenol A (BPA) erneut ins Rampenlicht. Die erste Untersuchung belegt, dass der Stoff auch über die Haut vom Körper aufgenommen wird. Der zweiten Studie zufolge enthält der Urin von Menschen, die routinemäßig BPA-getränkte Kassazettel handhaben, höhere Konzentrationen der Verbindung. Das berichtet das Fachmagazin "Nature".
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Bisphenol A kommt bei der Produktion von Plastik zum Einsatz. Auch in Thermopapier, das für Kassazetteln, Tickets oder Quittungen verwendet wird, ist der Stoff enthalten. Die hormonell wirkende Substanz steht im Verdacht, Frauen und Männer unfruchtbar zu machen, die Gehirnentwicklung zu schädigen und Brustkrebs auszulösen.
BPA kann im Blut der meisten Menschen in westlichen Ländern nachgewiesen werden. Untersuchungen an Tieren haben gezeigt, dass ein hoher Anteil von BPA im Blut gesundheitsschädigend ist. Nun zeigt sich jedoch, dass die Chemikalie bereits in geringen Dosen im Körper Schaden anrichtet. BPA ahmt die Wirkung des weiblichen Sexualhormons Östrogen nach. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass die Chemikalie für schwangere Frauen eine große Gefahr darstellt.
Bisphenol A ist in den meisten Nahrungsmittel-Verpackungen und Getränke-Plastikflaschen enthalten und dort ein Bestandteil von komplexeren Polymeren. Im Thermo-Papier von Kassazetteln existiert die Verbindung dagegen als sogenanntes freies Monomer, wodurch es leichter vom Körper aufgenommen wird.
Daniel Zalko, Toxikologe an Frankreichs Nationalem Institut für Agrarforschung, und seine Kollegen konnten zeigen, dass Bisphenol A auch von der Haut aufgenommen wird. Die Forscher haben BPA-Partikel mit radioaktiver Strahlung versetzt und beobachtet, wie die Radioaktivität die Haut von Schweineohren durchdrang. Sie wiederholten das Experiment an menschlicher Haut. Am Schweine-Modell gingen rund 65 Prozent der Chemikalie durch die Haut in den Körper, bei der menschlichen Haut waren es 46 Prozent.
Die in "Chemosphere1" publizierten Erkenntnisse könnten erklären, warum der BPA-Anteil im Blut von Testpersonen höher ist, als er durch den Konsum von in Plastik verpackten Nahrungsmitteln und Getränken sein könnte. "Besonders schwangere Frauen sollten die Hände waschen, nachdem sie einen Kassazettel angegriffen haben", warnt Zalko.
Kassierinnen haben am meisten BPA im Körper
Eine andere Studie rollte die Frage von der anderen Seite auf. Joe Braun, Epidemologe an der Harvard University in Boston, Massachusetts, und seine Gruppe haben den Gehalt von BPA im Urin von 389 schwangeren Frauen gemessen und sie nach Berufsgruppen unterteilt. Dabei zeigte sich, dass Kassierinnen mit 2,8 Mikrogramm die höchste Konzentration von BPA in sich hatten. Bei Lehrerinnen waren es 1,8 und bei Fabriksarbeiterinnen 1,2 Mikrogramm pro Gramm. Laut der US-Organisation "Environmental Working Group" enthalten bis zu 40 Prozent der Kassenbelege und Supermarktquittungen BPA.