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Die Polit-Bürokraten

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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In Deutschland wird es offen ausgesprochen, in Österreich sind die Hilfsorganisationen zurückhaltender. Die Bürokratie stellt sich als großes Hindernis bei Versorgung und Integration von Flüchtlingen heraus. Und das nicht, weil Beamte unwillig, bösartig oder unfähig sind, sondern weil sich die eingerissene Art Politik rächt.

Um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, wurden Gesetze (auch im Asylbereich) beschlossen, deren Formulierungen dehnbar sind, manchmal sogar widersprüchlich. Die damit befassten Beamten wurden im Unklaren gelassen, was der Gesetzgeber bezweckt - politische Unterstützung gab es im Ernstfall auch nicht.

Das führt - nicht nur im Asylbereich - zu einer ziemlich restriktiven Auslegung von Gesetzen. Wer will schon was falsch machen?

Die politischen Referenten von Ministern und Landesräten kümmern sich zwar rührend um das Fortkommen ihrer Chefs (auch innerhalb der eigenen Partei), aber kaum noch um die Sache, die in ihre Zuständigkeit fällt.

Das alles gebar ein Bürokratie-Monster. Es führte dazu, dass leer stehende Gebäude nicht genutzt werden, weil überbordende Brandschutzordnungen in einem Punkt nicht erfüllt wurden. Das führte dazu, dass private Hilfsorganisationen wochenlang nicht ins Lager Traiskirchen eingelassen wurden. Und das führte dazu, dass die großartig reagierenden ÖBBler dem FPÖ-Vorwurf ausgesetzt sind, Eisenbahnrecht zu verletzen.

Auf europäischer Ebene führte es dazu, dass aufnahmewillige Vorarlberger Gemeinden Flüchtlingen nicht helfen konnten, weil sie sich drei Kilometer entfernt auf deutschem Staatsgebiet befanden. Oder dazu, dass manche Beamte nicht wussten, ob sie einen Asylantrag entgegennehmen können, weil die Flüchtlinge ja die EU in einem anderen Land betreten hatten.

Kurzum, Regierungsmitglieder und Abgeordnete machten es sich in einem selbst gemachten Bürokratie-Nest bequem, ziemlich losgelöst von politischer Verantwortung.

Wie es auch anders geht, zeigte zuletzt Wien. Der politische Wille zu helfen führte dazu, dass Magistratsabteilungen agierten, als ob es keine Regeln mehr gäbe. Und es gibt auch keine Regeln in Zeiten der Not, sondern nur Lösungen. Das sollte den EU-Regierungschefs kommende Woche klar sein, wenn sie wieder versuchen werden, sich hinter Regeln zu verstecken, die sich als sinnlos und schädlich erwiesen haben.