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Auch dem dritten Kandidaten für das | Premiersamt droht eine Gefängnisstrafe.
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Islamabad. Chaos-Tage im Atomstaat Pakistan: Die Wahl des neuen Premierministers am Freitag droht zur Komödie zu werden: Am Donnerstag erließ die Justiz Haftbefehl gegen den frisch nominierten Kandidaten Makhdoom Shahabuddin. Stunden später wurde der Textilminister durch den früheren Strom- und Wasserminister, Raja Pervez Ashraf, ersetzt. Doch auch dieser hat schon leidige Erfahrungen mit dem Obersten Gericht, das am Dienstag Premierminister Yusuf Raza Gilani zum Rücktritt zwang.
Pakistans Präsident Asif Ali Zardari hatte zunächst Textilminister Shahabuddin, der ein verlässlicher Parteifreund ist, als neuen Regierungschef vorgeschlagen hatte. Doch ein Anti-Drogengericht verlangte die sofortige Festnahme des 65-jährigen Politikers wegen seiner Verwicklung in einen Drogen-Skandal. "Seine Festnahme ist nur eine Frage der Zeit. Er kann jederzeit in Haft genommen werden", kommentierte ein ungenanntes Mitglied der Drogenpolizei den Fall in den Medien. Danach einigte man sich kurzerhand auf Raja Pervez Ashraf.
Am Dienstag hatte Pakistans Oberstes Gericht überraschend Premierminister Yusuf Raza Gilani für amtsunfähig erklärt. Gilani war zwei Monate zuvor von den Richtern verurteilt worden, weil er sich geweigert hatte, ein altes Korruptionsverfahren gegen Präsident Zardari wieder aufzurollen. Doch auch nach dem Abgang Gilanis macht die Justiz weiter unermüdlich Druck auf die Regierung und nimmt bereits mögliche Nachfolger von Gilani ins Visier: Auch der frühere Wasser- und Elektrizitätsminister, Raja, der nun für Shahabuddin einspringt, musste sein Amt wegen Korruptionsvorwürfen 2011 räumen. Das Oberste Gericht wirft ihm vor, mit den Bestechungsgeldern für Stromwerke Immobilien in London gekauft zu haben.
Ein Richter auf der Jagd
Der Oberste Richter Pakistans, Iftikar Chaudhry, der bereits Regierungschef Gilani zu Fall gebracht hatte, zeigte auch am Donnerstag bei Shahabuddin kein Pardon und wies das Anti-Drogengericht an, den Haftbefehl gegen den Politiker durchzusetzen. Chaudhry hat neben Gilani schon andere Politiker aus dem Amt gejagt: Innenminister Rehman Malik etwa verlor Anfang Juni seinen Posten. Das Oberste Gericht disqualifizierte ihn wegen doppelter Staatsbürgerschaft. Die Opposition sparte Chaudhry jedoch bislang aus.
Kritiker glauben, der unerschrockene Richter handele im Auftrag des mächtigen Militärs, das die zivile Regierung schwächen will. Andere sehen eine persönliche Feindschaft zwischen Chaudhry und Zardari als Hauptmotiv für das rastlose Treiben der Justiz gegen die Regierung.
Shahabuddin droht Haft, weil er in seiner Zeit als Gesundheitsminister dem Unternehmen Danas Pharma unter der Hand das Arzneimittel Ephedrin zugeschanzt haben soll, für das es in Pakistan bestimmte Import-Quoten gibt. Vom illegalen Ephedrin-Handel des Ministers soll ausgerechnet Ali Musa Gilani, der Sohn des geschassten Premierministers, profitiert haben.
Der neue Premierminister ist allenfalls ein Übergangskandidat. Spätestens im März 2013 muss neu gewählt werden. Laut der pakistanischen Verfassung muss allerdings bereits drei Monate vor dem Wahltermin eine Übergangsregierung gebildet werden. Manche Analysten im Land sind daher der Auffassung, dass die umstrittene Absetzung von Yusuf RazaGilani dazu führen könnte, dass die Wahlen auf den Herbst vorgezogen werden.