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Die politischen Parteien sind in Europa zu einem Übel verkommen. In Alpbach wurde der Politik nachgesagt, sie könne die gegenwärtige Wirtschaftskrise nicht bewältigen und sei "ratlos"; Roman Herzog etwa sagte: "Der Staat kann die Probleme nicht lösen."
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Das Verhältnis zwischen Politik und Gesellschaft, Politikern und Bürgern ist gestört. Man kann natürlich sagen, die Politik sei Teil der Gesellschaft, und damit die Krise unserer Gesellschaft erklären. Fast jeder Skandal und Korruptionsfall ist mit Politikern verkettet. Dies ist der Grund für sinkende Wahlbeteiligung als Ausdruck der Ohnmacht gegenüber ins Rutschen geratenen demokratischen Prozessen und dem Verkommen von Werten: Europa ist heute ein Kontinent ohne Werte.
Damit stellen sich demokratiepolitisch bedenkliche Fragen betreffend Zustand und Zukunft unserer Demokratien und was der Bürger von der Politik erwarten kann. Europas Politiker wurden zur Negativauslese, ihr Prestige liegt am untersten Ende aller Berufsgruppen. Daher wird in ganz Europa der Ruf nach "starken Männern" laut.
Aus den Medien erfahren wir, Verteidigungsminister Norbert Darabos habe einen Brigadier zum Leiter des Heeresabwehramtes ernannt, weil dieser "der SPÖ nahe steht". Man plane eine parteipolitische "Umfärbung" der Nachrichtendienste. Darabos und dem nun ernannten - und hervorragend geeigneten - Offizier kann man keinen Vorwurf machen; aber warum der Hinweis auf eine Partei? Das wird beredet und macht Politik auch beim wohlmeinenden Bürger suspekt. Wer hatte den Auftrag zur "Umfärbung" gegeben? Der Bundespräsident? Die Verfassung? Das Parlament? Wohl eher Hinterzimmer-Parteisekretäre mit Namenslisten von Parteigängern. Es ist bedenklich, wenn sich Offiziere politisch prostituieren müssen um ihre Karriere abzusichern - samt Parteiwechsel, wenn sich die Konstellationen verschieben. Das ist in anderen Demokratien Europas undenkbar.
Damit sind wir beim Problem der politischen Kultur in Europa, das nicht zusammenwachsen kann. Politik und EU degradieren den Bürger zum Idioten, siehe etwa den Lissabon-Vertrag, den man den Untertanen aufzwingt. Nur, viele Politiker verstehen den Vertrag selbst nicht, kennen ihn nicht, können ihn nicht erklären, er ist für sie intellektuell zu komplex.
Ebenso bedenklich ist es, wenn ein politischer Amtsinhaber, der den Wünschen der jeweiligen Parteizentralen nicht nachkommt, im Gegenzug wegen angeblicher Amtsverfehlungen desavouiert wird und dann jahrelang um seinen guten Ruf kämpfen muss. Man erinnere sich auch an FPÖ-kontrollierte Ministerien, in denen man mangels geeigneter Parteigänger auch Ernennungen vornahm, die man besser unterlassen hätte.
Fazit: Die Politik erkennt nicht die Trends, lernt nicht aus Fehlern, beharrt weiter auf überkommene Rechte, de facto demokratiepolitische Fehlentwicklungen, und sägt am Ast längst zerstörten Vertrauens.
Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.