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Trotz Warnungen von Standesvertretern bleibt die Justiz politisch umkämpft. Eine Analyse.
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Kein anderer Bereich zieht im ÖVP-U-Ausschuss derart viel Interesse auf sich wie die Justiz. Die Justizministerin, eine Sektionschefin im Justizressort, Abteilungs- und Behördenleiter, Staatsanwälte und (ehemalige) Spitzenbeamte: Sie alle wurden bereits in dem Gremium befragt. Ermittlungen und Konflikte zwischen Beamten wurden dabei stundenlang untersucht.
Das erschwert die Entpolitisierung der Justiz, welche vermehrt eingefordert wird. Die Konflikte würden nur einzelne Behörden und Beamte betreffen, im Allgemeinen funktioniere die Justiz ausgezeichnet: Zu diesen Worten greifen Standesvertreter wie Cornelia Koller, die Präsidentin der Staatsanwälte-Vereinigung, derzeit oft. 98 Prozent in der Justiz würden reibungslos verlaufen, sagte Koller zur "Wiener Zeitung". Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung, forderte auch, dass Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sich stärker bemühen müsse, andere Teile der Justiz in den Fokus zu rücken.
Derzeit sind es weiter die ressortinternen Dispute, die politisch und medial das öffentliche Bild prägen. Am Mittwoch kochte im U-Ausschuss wieder der Streit zwischen Gabriele Aicher, der Rechtsschutzbeauftragten der Justiz, und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hoch. Aicher hatte rund um die Ermittlungen in der Inseratenaffäre Kritik an der WKStA geübt und diese mittels einer Stellungnahme medial bekannt gemacht.
"Ewiger Zwist" mit WKStA
Es folgten Beschwerden der WKStA, dass Aicher befangen sei, da sie sich bei der Verfassung ihrer Stellungnahme von einer Kanzlei beraten ließ, die einen Beschuldigten in der Inseratenaffäre vertritt. Aicher bestritt den Vorwurf, gab aber bekannt, mit Ende Juni zurückzutreten.
Im U-Ausschuss beklagte Aicher, Opfer "medialer Diffamierungen" zu sein. Sie sei weder ÖVP-nah noch Teil eines türkisen oder schwarzen Netzwerks. Dass die Kanzlei auch einen Beschuldigten in der Inseratenaffäre vertritt, habe sie nicht gewusst.
Sie habe den Eindruck, dass die WKStA sich mehr um ihre eigenen Rechte als um jene der Beschuldigten sorge, meinte Aicher. Sie sprach von einem "ewigen Zwist" mit der Behörde. Diese habe rigoros und überschießende Ermittlungen wegen Amtsmissbrauch geführt. "Jeder Verstoß gegen eine Hausordnung" sei "zum Amtsdelikt" gemacht worden.
Der Konflikt mit der WKStA sei ein Grund für ihren Rücktritt gewesen. Ihr sei klar gewesen, dass sie "einfach keine Ruhe" geben werden, so Aicher: "Ich will schlicht und ergreifend aus diesem Krieg draußen sein." In der Justiz werde die WKStA gefürchtet: "Wir sind ja alle schon ganz fertig vor lauter Verfolgtwerden."
Während im Ibiza-U-Ausschuss die Kritik an der WKStA überwiegend von der Volkspartei kam, so treten im ÖVP-U-Ausschuss vermehrt auch justizinterne Kritiker der Behörde auf. So etwa Eckart Ratz, ehemaliger Präsident des Obersten Gerichtshofes. "Die WKStA ist ja kein Staat im Staat!", beschwerte er sich. Die Behörde habe sich einige schwere juristische Fehlleistungen erlaubt.
Hinter der Kritik des Ex-OGH-Präsidenten Ratz soll nach Sicht der Opposition aber wiederum auch eine Agenda stecken: Sie sieht ein Naheverhältnis zwischen Ratz und der Volkspartei. Ratz bestreitet das.
Lagerdenken der Parteien
Eines ist bei den beiden U-Ausschüssen hingegen gleichgeblieben: ÖVP, Grüne und Opposition verharren in einem starren Lagerdenken. Die Volkspartei stürzt sich auf jede negative Aussage gegen die WKStA und sucht nach mutmaßlichen Fehlleistungen der Behörde. Grüne und Opposition verteidigen die WKStA und setzten Kritik an der Behörde mit politischen Einflussnahmen gleich.
Jede Personalentscheidung und einzelne Ermittlungsschritte werden dadurch politisch umkämpft. Zuletzt etwa die Anklage gegen Johann Fuchs, den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Die ÖVP vermutet, dass es in der Causa unzulässige Einflussnahmen durch Zadic gab. Die Justizministerin bestreitet das. Die SPÖ wiederum unterstellte einem Staatsanwalt, der rund um die Hintermänner des Ibiza-Videos ermittelte, ein Erfüllungsgehilfe der Volkspartei zu sein.
Richtervereinigungs-Präsidentin Matejka appellierte an die Politik, die "Kollateralschäden", welche die ständigen Auseinandersetzungen über die wenigen brisanten Causen, für die Justiz verursachen, zu bedenken. Bisher verhallen ihre Aufrufe ungehört. Die Politisierung der Justiz und ihrer Behörden schreitet voran.