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"Die Probleme kommen erst beim Schuldenabbau"

Von Walter Hämmerle

Politik

Interview mit IHS-Chef Bernhard Felderer. | "Vor neuen Steuern, Sparpotenziale nutzen." | "Wiener Zeitung": Finanzminister Josef Pröll wird heute die ganze schreckliche Wahrheit zum Budget auf den Tisch legen. Die Fürchterlichkeiten scheinen sich auf den ersten Blick allerdings in Grenzen zu halten: Soziales, Pensionisten, Bildung, Wissenschaft, ja sogar Verteidigung bekommen allesamt mehr Geld.


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Bernhard Felderer: Die Fürchterlichkeiten beziehen sich auf den Zeitraum der nächsten zwei bis fünf Jahre und drauf, wie wir die jetzt angehäuften Schulden wieder abbauen können. Die Mehrausgaben sind zum Teil unvermeidlich, aber auch strukturell sinnvoll, wie etwa die Investitionen in Schiene und Straße. So schnell werden sich aber auch die Mehrausgaben nicht wieder einpendeln: Was die Arbeitslosigkeit angeht, so rechnen wir erst 2011 mit einer Stabilisierung, nächstes Jahr werden die Zahlen noch um rund 35.000 weiter zunehmen.

Müssen die Pensionisten um ihre künftigen Pensionserhöhungen bangen?

Die Regierung hat sich hier darauf festgelegt, dass die Pensionen nach dem Pensionistenindex, der rund 0,1 bis 0,3 Prozent über der normalen Inflation liegt, erhöht werden. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass die Koalition hier Abstriche machen wird, es wäre auch nicht sinnvoll, prozyklisch zu sparen. Sicher ist daher: Nach der Krise muss das Defizit wieder abgebaut werden und das wird einige Probleme aufwerfen, weil ein wesentlicher Teil der Kosten struktureller Natur ist. So werden etwa die Länder in den kommenden Jahren keinen Überschuss mehr im Rahmen des nationalen Stabilitätspakts mehr leisten.

Es scheint, als blieben dann nur noch Einnahmensteigerungen des Bundes, wie höhere Vermögenssteuern.

Man kann natürlich grundsätzlich über solche Dinge nachdenken, aber meiner Meinung nach erst dann, wenn der Staat all seine Einsparungspotenziale auch tatsächlich ausgeschöpft und sich von unsinnigen Ausgaben verabschiedet hat. Hier zählt etwa die Wohnbauförderung ohne ökologische Zweckwidmung dazu. Wir schonen den Staat in seiner Unfähigkeit, sich selbst zu reformieren, indem wir sofort und reflexartig über neue oder höhere Steuern nachdenken - ich halte das für einen sehr seltsamen Gedanken.

In der SPÖ ist aber eine lebendige Debatte über solche Ideen ausgebrochen.

Auch in der SPÖ gibt es Skeptiker. Ich halte auch nichts davon, Österreich mit anderen Ländern, etwa den USA, zu vergleichen. Beispiel Grundsteuern: In Österreich ist diese aufgrund völlig überholter Einheitswerte zu einer vernachlässigbaren Steuer geworden, in den USA bemisst sich diese zwar am Marktwert, aber niemand sagt dazu, dass damit dann auch Teile der Kommunalabgaben abgedeckt sind. Ich kann diese ständigen Äpfel-mit-Birnen-Vergleiche nicht mehr hören.

* Dr. Bernhard Felderer ist Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS) und Vorsitzender des

Staatsschuldenausschusses. *