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Die Profiteure des Ukraine-Konflikts

Von Christoph Starzer

Gastkommentare
Christoph Starzer war unter anderem Leiter der Deutsche Bank Salzburg und Vorstandsmitglied der nunmehrigen Zürcher Kantonalbank in Salzburg. 2006 gründete er die ausschließlich honorarbasierte und nicht aus Provisionen finanzierte Ethos Vermögensverwaltung GmbH.
© privat

Die Bedrohung durch Russland macht Öl und Gas teuer. Da gibt es viele Gewinner.


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Was wäre, wenn Russland ein massives wirtschaftliches Interesse hätte, Öl- und Gaspreis dauerhaft auf möglichst hohem Niveau zu halten. Etwa, weil die Förderkosten dieser fossilen Rohstoffe in den Ländern der Russischen Föderation um ein Vielfaches höher sind als etwa in den Vereinten Arabischen Emiraten oder in Texas. Dann wäre es aus russischer Sicht naheliegend, die aktuelle geopolitische Anspannung möglichst lange aufrechtzuerhalten. Denn die Bedrohungslage in der Ukraine ist eine der wichtigsten Ursachen, weshalb Öl- und Gas so teuer sind wie schon lange nicht mehr.

Der Wegfall dieses Spannungsherdes würde Russlands wirtschaftliche Interessen verletzen. Kann man das von Russland denn tatsächlich verlangen? Die Antwort auf diese Frage muss die Politik geben. Neben Russland profitieren von den hohen Energiepreisen auch alle anderen ölexportierenden Länder. Auch das berüchtigte Fracking ist eine ausgesprochen kostspielige Technik der Ölförderung. Und selbst Österreichs Finanzminister nascht an den hohen Ölpreisen in Form der Mineralölsteuer mit. Die Interessenverflechtung ist so offensichtlich wie vielschichtig.

Nun ist es aber so, dass bei den aktuell hohen Ölpreisen die Förderung auch unter teuren Förderbedingungen lukrativ ist. So lohnt sich etwa die Tiefseeförderung oder die Förderung im Permafrost erst ab einem Ölpreis von etwa 20 bis 30 Dollar, darunter ist sie unrentabel. Diese Gegenden zählen meist auch nicht zum Ölkartell der Opec, sodass nun die Nicht-Opec-Förderländer teilweise kompensieren können, was das Kartell nicht fördert. Es gibt also, wenn man von einem Ende der Spannungen um die Ukraine ausgeht, gute Gründe, mit einem mittelfristigen Sinken des Ölpreises zu rechnen. Bis die Bedrohung durch Russland jedoch tatsächlich beseitigt ist, gibt es viele Gewinner, die von hohen Energiepreisen profitieren.

Da Öl und Gas, wie auch die meisten anderen Rohstoffe, in US-Dollar notieren, spielt für uns Europäer neben dem Preis an der CBOT (Chicago Board of Trade) oder der NYMEX (New York Mercantile Exchange) auch noch der Dollar-Kurs eine wichtige Rolle. Steigt der Dollar, verteuern sich die Rohstoffpreise zusätzlich. Am wenigsten gegen diese Entwicklungen kann sich der Einzelne wehren. Die Industrie kann sich durch Absicherungsgeschäfte gegen Ungewolltes einigermaßen absichern, aber auch das hat seinen Preis. Und der steigt, je mehr das Risiko verringert werden soll.

Für uns Konsumenten wäre eine schnelle Entspannung zu wünschen. Diese würde die Energiekosten senken und damit Druck aus der Inflation nehmen, die zuletzt um knapp 5 Prozent betragen hat. Die US-Verbraucherpreise stiegen im Jänner sogar um 7,5 Prozent (auf das Gesamtjahr hochgerechnet). Die notwendige wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie kann in vollem Umfang nur eintreten, wenn die Inflation nicht zu Zinserhöhungen führt, die viele kreditfinanzierte Investitionen unrentabel machen würden. Zudem stellt sich natürlich auch die Frage, wie wirksam höhere Zinsen gegen eine Teuerung sind, deren Ursachen in teuren Energiepreisen, Lieferkettenproblemen und einem Mangel an Mikroprozessoren liegen.